Die GL Gießerei Lößnitz plant ein großes Transformationsvorhaben – weg von fossiler Kokskohle, hin zu einem elektrifizierten Schmelzbetrieb. Das ist notwendig, um in Zeiten steigender CO2-Bepreisung wettbewerbsfähig zu bleiben. Um die Entscheidung für die rund sieben Millionen Euro kostende Investition zu fällen, braucht das Unternehmen verlässliche politische Rahmenbedingungen. Das betrifft u. a. verbindliche Festlegungen zum Industriestrompreis. Und das alles sehr schnell und nicht erst in ein, zwei Jahren.
Gießerei-Geschäftsführer Max Jankowsky ist sich mit Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig einig: Der Industriestrompreis hilft Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte einen Preis von sechs Cent ins Gespräch gebracht, um energieintensive Branchen zu entlasten. Der bis 2030 angedachte Preisdeckel soll rund 30 Milliarden Euro kosten und aus dem Wirtschaftsstabilitätsfonds finanziert werden. Angesichts der viele Milliarden schweren Subventionen für neue Chip-Werke scheint das eine vertretbare Größe, die vielen Branchen zu Gute kommt.
Wissenschaftliche Berater der Bundesregierung lehnen den Industriestrompreis jedoch ab, weil er „notwendige strukturelle Anpassungsprozesse bremst“. Der Präsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft Moritz Schularick sagte der „Rheinischen Post“: „Der Industriestrompreis ist ein Fehler. Wir sollten das Geld nicht in die energieintensive Industrie stecken, sie wird auf Dauer ohnehin verschwinden.“
Fehlende Entscheidungsbasis bei widersprüchlichen Aussagen
Max Jankowsky fragt sich, wie er auf Basis sich widersprechender Aussagen aus Politik und Politikberatung eine strategische Entscheidung treffen soll. „Als Industrie brauchen wir wettbewerbsfähigen Strom. Und wir brauchen Verlässlichkeit.“ Um in der zweiten Dekade dieses Jahrzehnts elektrifiziert zu produzieren, muss der Hersteller von Eisengussteilen für den automobilen Werkzeugbau 2024 alle dafür notwendigen Entscheidungen treffen. Denn die Lieferzeiten für die Technik sowie das Schaffen der notwendigen Energieinfrastruktur betragen mindestens zwei Jahre, so Jankowsky.
Strompreis bleibt Zünglein an der Waage
Das Zünglein an der Waage bleibt jedoch der Strompreis. Denn das Transformationskonzept funktioniert nur bei der angesprochenen Deckelung. Davon hängt beispielsweise die Finanzierung des Vorhabens ab. Der Staat fördert zwar Transformationsprojekte zur Dekarbonisierung der Wirtschaft mit 40 Prozent. Im Falle der Lößnitzer Gießerei bleiben jedoch immer noch reichlich vier Millionen Euro, die das Unternehmen aus anderen Quellen beibringen muss. „Wir brauchen jetzt die Gewissheit für unser Vorhaben. Wir brauchen das Bekenntnis der Politik zur Grundstoffindustrie und zum Mittelstand in Deutschland. Der Mut jener Unternehmen, die transformieren wollen, sollte belohnt werden“, sagt der 30-jährige Geschäftsführer.
Ohne Grundlagenindustrie ist Wohlstand gefährdet
Für Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig ist die Entscheidung pro gedeckelten Industriestrompreis eine strategische. „Wenn wir dem folgen, was manche sagen, also kein Geld in die energieintensiven Branchen stecken, dann gefährden wir unseren Wohlstand. Dann ist die Grundlagenindustrie weg und auch die Automobilindustrie.“