Demografie und Digitalisierung erfordern Veränderungsbereitschaft bezüglich Personalgewinnung und -entwicklung sowie Prozess- und Arbeitsweltgestaltung in nahezu jedem Unternehmen. Für Zulieferer und Dienstleister rund um das Zwickauer VW-Werk kommt noch ein dritter Aspekt hinzu: die komplette Umstellung der Fertigung auf Elektromobilität.
Die Schnellecke Logistics Sachsen GmbH (SLS) in Glauchau ist von allen drei Faktoren betroffen. Das Unternehmen mit rund 800 Mitarbeitern agiert als Full-Service-Logistikdienstleister für VW Sachsen und montiert außerdem Achsen, die direkt nach Zwickau ans Band geliefert werden. Mit Auslaufen der Verbrennerfahrzeug-Produktion in 2020 endet der Montageauftrag für SLS. Die E-Achsen werden zukünftig konzernintern bei VW gefertigt. Während der Umbauphase wird außerdem die Produktion schrittweise zurückgefahren und damit auch das Volumen für Logistikprozesse. „Wir haben aktuell einen Personalüberhang. Diese Mitarbeiter wollen wir aber auf jeden Fall halten, denn mit Hochlauf der E-Fahrzeugproduktion ab 2020 werden diese gebraucht“, verdeutlicht SLS-Geschäftsführer Ralph Hoyer die Situation.
Bereits seit Ende 2016 befassen sich Geschäftsführung und Arbeitnehmervertretung von SLS intensiv mit dem heute eingetretenen Wandel. Damals war zwar der Umbau von VW Zwickau zu einem reinen E-Mobilitäts-Werk noch nicht beschlossen, aber der Weg dorthin deutete sich an. „Wir haben gemeinsam einen Prozess angestoßen, der auf die Standortentwicklung und Beschäftigungssicherung im Unternehmen ausgerichtet ist“, sagt Betriebsratsvorsitzende Elke Merkel. Als vorrangige Ziele wurden der Ausbau der Innovationskompetenz und Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit, die Beschäftigungssicherung und sozialverträgliche Beschäftigungsmodelle sowie die Weiterentwicklung des Unternehmens als attraktiver Arbeitgeber in einer Prozessvereinbarung festgeschrieben.
Qualifizierung als wesentliches Handlungsfeld
Ein wesentliches Handlungsfeld ist das Weiterbildungskonzept, das über kurzfristige Anpassungen deutlich hinausgeht und auf eine nachhaltige Personalentwicklung orientiert. Es zielt auf berufliche Qualifizierung, die jedem Einzelnen sowie dem Arbeitsmarkt in der Region insgesamt zugutekommt. Vor diesem Hintergrund hat SLS mit der Agentur für Arbeit Zwickau eine Kooperationsvereinbarung geschlossen. Auf Basis des seit 1. Januar 2019 geltenden Qualifizierungschancengesetzes kann die Weiterbildung von Mitarbeitern auch in Betrieben finanziell gefördert werden, die keinen KMU-Status haben.
SLS nutzt diese Möglichkeit, um z. B. bisherige Montagewerker zu Fachlageristen umzuschulen. Gemeinsam mit dem FAW-Ausbildungszentrum Zwickau werden fünf Teilqualifizierungsmodule mit verschiedenen logistischen Inhalten wie Wareneingang, Kommissionierung und Lagerhaltung angeboten, die jeweils einen theoretischen und einen praktischen Teil umfassen. Wer alle fünf Module erfolgreich absolviert, erwirbt den Facharbeiterabschluss.
In diesem Jahr erhalten ca. 60 Beschäftigte des Unternehmens die Chance zu dieser beruflichen Qualifizierung. Eine erste Gruppe von ihnen hat das erste Modul bereits abgeschlossen. Sowohl die Ausbilder bei FAW als auch die Teilnehmer selbst sind des Lobes voll über das Qualifizierungskonzept. Alle Teilnehmer der ersten Gruppe wollen mindestens noch ein zweites Modul belegen.
„Das Qualifizierungsprogramm ist eine Win-Win-Situation. Wir haben nicht wenige Mitarbeiter, die als Quereinsteiger ohne bzw. mit einem branchenfremden Abschluss tätig sind. Sie erhalten das Rüstzeug für neue berufliche Aufgaben. Das Unternehmen erhöht die Zahl gut qualifizierter Arbeitskräfte, die es zur Bewältigung des technologischen Wandels dringend braucht“, sagt Geschäftsführer Ralph Hoyer. Er verweist darauf, dass die neuen Kompetenzen nicht zuletzt benötigt werden, um neue Technologien in der Logistik, die aus Digitalisierung und Automatisierung resultieren, sicher zu beherrschen.