Damit die Energie- und Verkehrswende hin zu Ressourcen- und Klimaschutz gelingt, werden neben einem sachlich geführten gesellschaftlichen Diskurs ganzheitlich durchdachte technologische Lösungen gebraucht. Einen Baustein für intelligente E-Mobilität und Energiespeicher trägt das estnische Unternehmen Skeleton Technologies bei, das seine Produktion aus dem Baltikum nach Großröhrsdorf bei Dresden verlagert hat.
Das 2009 gegründete Start-up ist europäischer Marktführer für Ultrakondensatoren, sogenannte Supercaps, für Anwendungen in der Fahrzeug- und Energieindustrie. Die neuen Energiespeicher verfügen über eine besonders hohe Leistungsdichte und bieten eine sehr lange Lebensdauer. Eingesetzt werden sie bisher u. a. als Starterbatterie in Lkw und schweren Baufahrzeugen, ebenso als Energiespeicher in Stadtbussen und in Hafenkrananlagen sowie als stationäre Puffer. In Lkw und Bussen sind Kraftstoff- und Emissionseinsparungen von 36 Prozent nachgewiesen.
Neben den genannten Bereichen interessiert sich jetzt zunehmend die Automobilindustrie für die Hochleistungskondensatoren, berichtete Finanzvorstand Wolfgang Breme anlässlich eines Mediengesprächs im Vorfeld der Dresdner Werkstoffwoche am 17. September 2019. Das wachsende Interesse resultiert aus der von Umweltschutzauflagen getriebenen Wende hin zu batterieelektrischer Mobilität und den Möglichkeiten, die Skeleton bietet. „Unsere Supercaps sind ideale Ergänzung zur Lithium-Ionen-Batterie. Sie nehmen Energie sehr schnell auf und geben sie ebenso schnell ab, beispielsweise für den Start-Stopp-Verkehr. Auch zur elektrischen Fahrwerksstabilisierung in Premium-Klassen werden sie eingesetzt. Im Gegensatz zur ‚Chemiefabrik‘ Batteriezelle brauchen die physikalischen Speicher keine kritischen Rohstoffe wie Lithium oder Kobalt“, verweist Breme auf die Vorteile der Ultrakondensatoren.
Basis für die hohe Energiedichte und Lebensdauer der Caps ist nanoporöser Kohlenstoff, auch „Curved Graphene“ genannt. Das Hochleistungsmaterial wird für eine industrielle Fertigung kontinuierlich weiterentwickelt. Dabei spielt ein unternehmensinterner Zulieferer in Bitterfeld eine wesentliche Rolle. Der Kohlenstoff kommt nach Großröhrsdorf und wird mit Wasser und einigen Zuschlagstoffen gemischt, beidseitig auf eine Alufolie aufgetragen und über Schritte wie Kalandrieren, Elektrolytbefüllen und Laserverschweißen zum Superkondensator gefertigt. Jede Zelle wird zu 100 Prozent auf Druck- und Temperaturverhalten sowie ihre Performance geprüft, erläutert Florian Haufe. Der Technische Leiter verweist darauf, dass die Supercaps, z. B. als schneller Zwischenspeicher Bremsenergie von E-Autos puffern und in die langsamere Batterie zurückführen. „Der Ultrakondensator als Sprinter und die Batterie als Dauerläufer bilden eine ideale hybride Lösung, um Elektromobilität effizient zu gestalten.“ Neben dem Fahrbetrieb können die Speicher auch für ein schnelles Laden, z. B. in öffentlichen Räumen, eingesetzt werden.
Skeleton mit aktuell rund 100 Mitarbeitern in Estland und Sachsen bereitet sich in Großröhrsdorf auf einen Hochlauf der Fertigung bis 2022 vor. Der deutsche Standort in der Nähe von Dresden wurde dafür bewusst gewählt. „Wir sind hier, weil unsere Kunden hier sind. Es gibt konkrete Projekte mit deutschen OEM“, sagt Wolfgang Breme und vergleicht den Markteintritt der neuen Energiespeichertechnologie mit der LED-Entwicklung. „Etwa zehn Jahre hat der Durchbruch für LED-Anwendungen gebraucht. Jetzt erleben wir ähnliches mit der E-Mobilität. Wir sind mit unseren Ultrakondensatoren zur Stelle.“