Die Gefühlslage zwischen Sorgen, Wut und Hoffnung teilen die VW-Beschäftigten in diesen Tagen mit Management und Mitarbeitern zahlreicher Zulieferer. So auch in Sachsen. Die Wolfsburger Ankündigungen zu Werksschließungen und Aufkündigung der Beschäftigungssicherung betreffen nicht nur die rund 11.000 Menschen bei VW Sachsen. Sie hätten auch tiefgreifende Auswirkungen auf die rund 50.000 Beschäftigten, die speziell in Südwestsachsen von der Branche abhängig sind.
Seit VW angekündigt hat, dass die bisherigen Sparpläne nicht ausreichen und Werksschließungen sowie betriebsbedingte Kündigungen nicht ausgeschlossen sind, brodelt es in den deutschen Standorten der Marke. Die bisherigen Betriebsversammlungen in Wolfsburg und Zwickau verdeutlichten, wen die Beschäftigten für die Krise bei Europas größtem Autobauer verantwortlich machen. Das Missmanagement des Vorstandes mit vielen Zick-Zack-Kursen und halbgaren sowie kostentreibenden Entscheidungen habe wesentlich zur jetzigen Lage geführt.
Schleppender E-Auto-Absatz führt zu schlechter Auslastung
Branchenkenner sehen auch eine Mitschuld bei der Politik mit ihrer Inkonsequenz in punkto E-Mobilitäts-Förderung – bei Fahrzeugen und der Infrastruktur. Das Zwickauer Werk krankt vor allen anderen am schleppenden Absatz von E-Pkw. Mit einem Aufwand von rund 1,2 Milliarden Euro war sein Umbau zum ersten reinen E-Auto-Werk des Konzerns erfolgt. Statt der möglichen Produktion von 360.000 Fahrzeugen im Jahr liefen 2023 nur 240.000 vom Band. Auch in diesem Jahr sieht es nicht besser aus. Infolgedessen stellte das Werk kürzlich vom Drei- auf den Zweischichtbetrieb um. Etwa 1.000 befristet Beschäftigte erhalten voraussichtlich keine Vertragsverlängerung.
Schließung von Zwickau wäre fatales Signal
Der langjährige Branchenanalyst Jürgen Pieper, ehemals Bankhaus Metzler, benennt aufgrund der schlechten Auslastung Zwickau als realistischen Kandidaten für eine Werksschließung. Auch Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer sieht Standorte außerhalb des VW-Kernlandes Niedersachsen gefährdet. Neben Kassel und Bremen gehört dazu nach seiner Meinung Zwickau. Die Schließung von Zwickau wäre ein fatales Signal, quasi eine Absage an die batterieelektrische Mobilität. Das kann sich VW, das kann sich die europäische Autoindustrie, das kann sich die Politik aller Ebenen nicht leisten.
VW-Markenvorstand: E-Mobilität weiter anschieben
Zufriedenstellende Antworten hatte VW-Markenvorstand Thomas Schäfer nicht mit zur Betriebsversammlung nach Zwickau gebracht. Sein Auftritt war von lautstarker Ablehnung der Vorstandspläne begleitet. Er betonte die Rolle der Zwickauer VW-Werker als „E-Pioniere“ und die elektrische Zukunft von VW. Man setze alle Hebel in Bewegung, um die Elektromobilität weiter anzuschieben. Das deutet zumindest erst einmal nicht auf Zwickau als akuten Schließungs-Kandidaten hin.