Schwierige Situation, aber kein Kahlschlag AMZ-Netzwerkmanager Dirk Vogel und Andreas Wächtler zur Lage der sächsischen Automobilzulieferer

Die Lage der sächsischen Automobilzulieferer sehen Andreas Wächtler (l.) und Dirk Vogel, Leiter des Netzwerks Automobilzulieferer Sachsen AMZ, als schwierige Situation, aber kein Kahlschlag.
Andreas Wächtler (l.) und Dirk Vogel leiten das Netzwerk Automobilzulieferer Sachsen AMZ. (Foto: Frank Reichel)
13.09.2021 | Redaktion Autoland

Automobilzulieferer befinden sich seit geraumer Zeit im permanenten Stresstest: Branchenwandel, Corona-Pandemie, Materialverfügbarkeit und Materialpreise heißen aktuelle Herausforderungen. Wie sächsische Zulieferer damit umgehen und welche Unterstützung sie im Netzwerk erhalten, hat „Autoland Sachsen“ im Gespräch mit den AMZ-Netzwerkmanagern Dirk Vogel und Andreas Wächtler erfahren.

Wie geht es den sächsischen Automobilzuliefer­firmen aktuell?

Dirk Vogel: Erfreulicherweise ist der befürchtete Kahlschlag nicht eingetreten. Die allermeisten Unternehmen steuern mit Über­legung und Weitsicht durch diese schwierige Situation. Unsere Umfragen unter den 200 größten sächsischen Zulieferern mit insgesamt 52.300 Beschäftigten haben ergeben, dass rund 2.000 Mitarbeiter durch Schlie­ßung und etwa 1.200 Mitarbeiter durch den Verkauf von Standorten betroffen sind, wobei letztere meist ihren Arbeitsplatz behalten. Nicht alles lässt sich mit dem Wandel zur E-Mobilität oder Corona erklären. Unternehmen haben die Zeit auch genutzt, um Strukturen zu bereinigen und Geschäft an für sie günstigere Standorte zu verlagern.

In Sachsen sind die größeren Zulieferer meist Konzern-Werke. Sind diese stärker vom Wandel betroffen als hiesige Mittelständler?

Dirk Vogel: Sie sind anders betroffen, denn zu den allgemeinen Herausforderungen kommt noch der konzerninterne Wettbewerb hinzu. Das heißt, sie müssen Themen finden, mit denen sie Mehrwert generieren und den Standort zukunftsfest machen.

Kann AMZ hierbei helfen?

Andreas Wächtler: Eindeutig ja. Wir merken nicht zuletzt am Zulauf neuer Mitglieder aus diesem Segment, dass die Expertise unseres Netzwerks gefragt ist. Beispielsweise haben wir in unseren Informationsveranstaltungen zum Konjunkturprogramm Fahrzeugbau des Bundes auf die Hilfen aufmerksam gemacht, die es zur Modernisierung der Produktion in Richtung innovativer digitaler Fertigungsketten gibt. Das eröffnet konzerngebundenen sowie inhabergeführten Unternehmen gleichermaßen Möglichkeiten, ihre Wettbewerbsfähigkeit am Standort zu festigen. Wir haben hierzu viele Anfragen erhalten und begleiten bereits erste Projekte. Als Mitgestalter des Transformationsdialogs im Bund haben wir zudem darauf gesehen, dass nicht nur Vorhaben im Pkw-Bereich gefördert wer­den, sondern zu Mobilität in ihrer gesamten Breite.

Das Konjunkturprogramm zielt auch auf anwendungsorientierte FuE-Projekte zu neuen Fahrzeug- und Systemtechnologien. Wie nutzt AMZ diese Möglichkeit?

Andreas Wächtler: Wir bauen gegenwärtig ein Konsortium auf, das Innovationen zum automatisierten elektrischen Fahren und zu modernem nachhaltigem Interieur in einen Technologieträger integrieren wird. Damit stellen wir sächsische Produkt- und Verfahrenskompetenzen auf Zukunftsfeldern der Mobilität vor. In Sachsen arbeiten rund 5.000 Experten an automatisierten Fahrfunktionen. Auch in den Bereichen Elektronik, Sensorik und Leichtbau inklusive des Recyclings von Materialien gibt es viel sächsisches Know-how. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen werden ihre Innovationsstärke in diesem Projekt vorstellen.

Ein bedeutender Teil der sächsischen Zulie­ferer ist im sinkenden Segment verbrennungsmotorischer Antrieb zu Hause. Wie bewältigen diese Unternehmen den Wandel?

Dirk Vogel: Diese Zulieferer sind in der Tat am meisten von der Transformation betroffen. Wir haben in Studien mit dem Chemnitz Automotive Institute CATI und in Roadshows in Unternehmen bereits seit 2016 den Wandel zur Elektrifizierung des Antriebsstrangs prognostiziert und Alternativen für das ange­stammte Geschäft präsentiert. Es gab viele Zweifel am Hochlauf der E-Mobilität. Doch nun ist er da. Wer sich bisher noch nicht bei batterieelektrischen Fahrzeugen positionieren konnte, der sollte die Chancen nutzen, welche die nächsten Fahrzeuggenerationen bieten. Als Netzwerk zeigen wir detailliert die Strategien der Hersteller zu Standorten, Modellen, Stückzahlen und Komponenten auf.

Für welche weiteren Themen sensibilisieren Sie Ihre Mitglieder?

Andreas Wächtler: Ein Lieferantenkriterium wird zukünftig die CO2-neutrale Produktion sein. Wir haben in einem ersten Workshop diskutiert, dass hier erhebliche Anforderungen auf die Unternehmen zukommen. Alle Automobilhersteller haben sich zu den Zie­len des Pariser Klimaabkommens bekannt und wollen bis 2050 klimaneutral sein. Auf dem Weg dorthin sind strenge Meilensteine gesetzt, auch für die Zulieferer. Wir werden gemeinsam mit unseren Mitgliedern Strategien erarbeiten, wie diese Vorgaben zu erfüllen sind.

Vor Corona war die Verfügbarkeit von Perso-nal ein Dauerthema. Wie ist es jetzt darum bestellt?

Dirk Vogel: Dieses Thema kommt massiv wieder hoch, wie viele andere Themen auch, die vor Corona die Branche beschäftigt haben. Die Unternehmen benötigen Fachkräfte, u. a. in Fertigung und Logistik. Damit ploppt auch eine weitere Aufgabe auf, die beim Abmildern von Personalproblemen hilft: die Optimierung von Prozessen, beispielsweise durch Automatisierung, um mannlose Nachtschichten zu fahren. Hier können die Unternehmen mit Digitalisierung und Integration moderner Produk­tionstechnologien viel erreichen. Wir stehen als Partner bei der Initiierung und Begleitung solcher und weiterer Vorhaben gern zur Verfügung.

AMZ-Kontakt:

Dirk Vogel
vogel@amz-sachsen.de


Andreas Wächtler
waechtler@amz-sachsen.de

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