Anfang November 2016 ging das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Chemnitz offiziell in Betrieb. Es ist die erste Einrichtung dieser Art in Ostdeutschland und eine von derzeit zehn in der Bundesrepublik. Die Zentren sind Teil der Förderinitiative „Mittelstand 4.0 – Digitale Produktions- und Arbeitsprozesse“ und werden vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert.
Die Etablierung des neuen Zentrums kommt zur rechten Zeit. Denn laut dem „Monitoring-Report Wirtschaft DIGITAL 2016: Sachsen“ sind die Unternehmen im Freistaat im Durchschnitt momentan noch geringer digitalisiert als es deutschlandweit der Fall ist. Eine fehlendes leistungsfähiges Breitbandnetz, aber auch mentale Hürden sind hier Hemmschuhe. Während bei der Bereitstellung einer zeitgemäßen digitalen Infrastruktur die Politik
gefordert ist, setzt das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum vor allem bei noch bestehenden subjektiven Vorbehalten an. „Zu Industrie 4.0 lässt sich nicht einfach ein Schalter umlegen. Es ist ein sensibler Prozess. Auf diesem Weg wollen wir den Mittelstand Schritt für Schritt begleiten, um gemeinsam die technischen und wirtschaftlichen Potenziale der Digitalisierung, Vernetzung und Anwendung von Industrie 4.0 zu erschließen“, beschreibt Prof. Egon Müller vom Institut für Betriebswissenschaften und Fabriksysteme (IBF) der TU Chemnitz das Ziel des Zentrums.
Ein erster Schritt auf diesem Weg kann sein, von vorhandenen Maschinen mittels eines einfach aufgebauten Moduls die Daten zu erfassen und diese z. B. für Planungsaufgaben zu nutzen oder für ein Prozessleitsystem bereitzustellen. Damit können Assistenzsysteme aufgebaut werden, die mit Informationen Mitarbeiter bei einer effizienten Entscheidungsfindung unterstützen. Denn bei Industrie 4.0 gehe es nicht vordergründig um Technologie. Vielmehr stehe der Mensch im Fokus, betont Prof. Müller, der digitale Werkzeuge an die Hand bekommt, um Produktionsabläufe zu optimieren bis hin zu kundenindividueller Fertigung und Dienstleistung. Hierbei können sich gerade KMU neue Geschäfts- und Servicemodelle erschließen.
Ein Hemmschuh beim digitalen Wandel sind Datenschutz und Datensicherheit. Wer darf mit welchen Daten umgehen? Wem gehören Daten? Wie sicher sind Daten in einer Cloud? Diese und weitere Fragen bewegen vor allem Mittelständler, da sie meist keine eigene IT-Abteilung haben, die sich um solche Themen kümmert. Das Chemnitzer Zentrum beleuchtet deshalb auch rechtliche Aspekte der Digitalisierung und nimmt damit bundesweit eine Alleinstellung ein.
Digitale, vernetzte Fabrik- und Produktionssysteme, Produktentstehungsprozesse, virtuelle Geschäftsprozesse, Ergonomie sowie Arbeit und Qualifizierung 4.0 sind weitere Felder, zu denen das Zentrum mit Foren, Thementagen oder online informiert, mit Trainings und Weiterbildungen qualifiziert sowie in Projekten Umsetzungen konkret unterstützt. Die Angebote richten sich vor allem an Zulieferer aus dem Automotive- und Non-Automotive-Bereich, an den Maschinen- und Anlagenbau sowie IT-Dienstleister.
Durchgeführt wird das Projekt von den Konsortialpartnern TU Chemnitz mit dem federführenden IBF sowie der Professur für Privatrecht und Recht des geistigen Eigentums, dem Fraunhofer IWU, dem ICM – Institut Chemnitzer Maschinen- und Anlagenbau e.V., der TUCed – Institut für Weiterbildung GmbH mit dem Geschäftsbereich Chemnitz Automotive Institute (CATI) sowie der IHK Chemnitz.