Demografie und Digitalisierung heißen zwei Aufgaben, die der mittelständischen Wirtschaft jetzt viel und in Zukunft noch viel mehr abverlangen. Für das Autoland Sachsen, insbesondere die Region Westsachsen, kommt mit dem Umbau des VW-Werkes Zwickau zum reinen E-Mobilitäts-Standort noch eine besondere dritte Herausforderung hinzu. Alle gemeinsam gehen mit ähnlichen Fragen einher: Mit welcher Produktion kann ich zukünftig erfolgreich sein? Wie muss ich meinen Part als Teil einer komplexen digitalen Wertschöpfungskette gestalten? Und vor allem: Wo finde ich die Arbeitskräfte dafür, was muss ich in Qualifizierung und Digitalisierung investieren, wer sind meine Partner auf diesem Weg?
Einige Antworten fanden die Besucher des Thementages „Region im Wandel – Umschalten im Kopf?!“ am 9. April 2019 in Glauchau. Das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Chemnitz hatte dazu gemeinsam mit der Wirtschaftsförderung Glauchau, der IHK Chemnitz/Regionalkammer Zwickau und der gastgebenden Berufsakademie eingeladen. Die Gäste kamen aus Industrieunternehmen, von Bildungsträgern, wirtschaftsfördernden Einrichtungen und aus der Zeitarbeitsbranche. Gerade im letztgenannten Sektor kommt das Thema Qualifizierung für Digitalisierung erst an und braucht weitere Sensibilisierung.
Entleiherfirmen werden in Zukunft Personal anfordern, dass nicht nur einen Staplerschein hat, sondern Hochvolt-Befähigung, Handling mit Tablet und Datenbrille sowie weitere neue Kompetenzen mitbringt, wurde in der Diskussion deutlich.
Vorausschauendes Handeln
In Impulsvorträgen berichteten Unternehmen, Bildungsträger und die Arbeitsagentur, wie sie den Wandel angehen. Ralph Hoyer, Geschäftsführer der Schnellecke Logistics Sachsen GmbH, zeigte auf, dass der Automobil-Logistikdienstleister mit viel Vorausschau die aus dem Umbau von VW Zwickau resultierenden Veränderungen für seine Personalsituation angepackt hat. Bereits im Oktober 2017 wurde dafür eine Prozessvereinbarung beschlossen. Ein Bestandteil ist, in Zeiten mit zurückgehenden Auftragsvolumina Mitarbeiter für neue Aufgaben zu schulen. Nach längerer Vorbereitung und dem Bewältigen einiger Hürden auf diesem Weg konnte im April eine erste Gruppe starten.
Wichtige Partner hierfür sind das FAW-Ausbildungszentrum Zwickau und die Arbeitsagentur. FAW-Standortkoordinator Jens Geigner stellte das digitale Lernprojekt ZQ.net vor, das die nachhaltige Fachkräfteentwicklung in Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie in der Region Zwickau mit Zusatzqualifikationen und digitalen Lerninhalten unterstützt. Andreas Fleischer, Geschäftsführer der Arbeitsagentur Zwickau, informierte zu den Leistungen des neuen Qualifizierungschancen-Gesetzes.
Anschließend diskutierten die Teilnehmer in drei Themeninseln unterschiedliche Aus- und Weiterbildungsmodelle. Das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Chemnitz setzte dabei erstmals den neuen Demonstrator „Wege zum hybriden Lernen“ ein. Nicht alles neu zu machen, sondern moderne digitale Lernformen mit bewährten didaktischen Methoden zu verbinden, wurde als erfolgversprechender Ansatz gesehen.
Umschalten muss auch die Politik
In der abschließenden Podiumsdiskussion mit dem sächsischen Wirtschaftsstaatssekretär Stefan Brangs verdeutlichten die Teilnehmer, dass auch in der Politik das „Umschalten im Kopf“ schnellstens passieren müsse. Die Wirtschaft will nicht mehr Förderung, vielmehr würde es ihr schon helfen, wenn die Politik nicht mehr bremst. Auch bringen Erklärungen, warum etwas nicht gehe, niemanden voran. Von den gewählten Regierungsvertretern wird ein Um-, Voraus- und Über-den-Tellerrand-Hinausdenken erwartet und kein starres Verharren in Geht-nicht-Positionen, so ein Tenor der Diskussion.