Mit Online-Trainingskursen zu Circular Cars fördert ITAS die Kreislaufwirtschaft für die Automobilindustrie. Das Bündnis hat sich in Südwestsachsen, einer der wichtigsten deutschen Automobilregionen, formiert, um die Zulieferer in ihrer Transformation zu begleiten.
Über 800 Unternehmen arbeiten in Südwestsachsen entlang der automobilen Wertschöpfungskette und beschäftigen mehr als 50.000 Menschen. Entsprechend deutlich sind hier künftig Auswirkungen des Mobilitätswandels zu erwarten. Um diesen aktiv mitzugestalten, hat sich ITAS gegründet – die „Initiative Transformation der Automobilregion Südwestsachsen“. Konkret haben sich das Netzwerk Automobilzulieferer Sachsen AMZ, die Agentur für Arbeit Zwickau, die IHK Chemnitz, die IG Metall Chemnitz/Zwickau und die Chemnitzer Wirtschaftsförderungs- und Entwicklungsgesellschaft mbH CWE als Bündnispartner zusammengefunden.
Kreislaufwirtschaft nutzt vor allem ökonomisch
Warum gerade der zirkuläre Ansatz für die Branche so zentral ist, erklärt Andreas Wächtler vom AMZ. „Wenn der Wandel der Automobilindustrie wirklich tragfähig und im Sinne der ursprünglichen Zielsetzung – der Klimaneutralität – sein soll, ist die Entwicklung hin zur Circular Economy nötig. Denn recyceln wir Materialien konsequent, schont das die Ressourcen und verringert die Umweltbelastung. Dadurch kommen Unternehmen aber nicht nur Nachhaltigkeits- und Klimazielen nach, sondern verbessern auch die Effizienz und Wirtschaftlichkeit ihrer Produktion.“ Niedrigere Materialkosten und effektivere Abläufe steigern so auch die Wettbewerbsfähigkeit angesichts der internationalen Konkurrenz.
Verschrotten hat ausgedient
Das Verschrotten von Altautos hat in Zukunft als Konzept für die Automobilindustrie wohl eher ausgedient. Schließlich gehen hierbei Rohstoffe in beträchtlichen Größenordnungen verloren. Gerade die letzten Jahre haben durch die Corona-Pandemie, den Ukraine-Krieg und deren Folgen gezeigt, wie empfindlich die Branche auf Lieferengpässe und explodierende Materialkosten reagiert. „Kreislaufwirtschaft ist angesichts der derzeitigen Krisen eine sinnvolle Methode, um die Widerstandsfähigkeit und Unabhängigkeit von Automobilunternehmen zu stärken. Sie geht aber weit über die Krise hinaus. Sie ist schlicht ein sinnvolles Konzept, dessen Vorteile für die Betriebe in erster Linie ökonomischer Natur sind“, sagt Wächtler. So sei es durch Circular Economy auch in Zukunft möglich, Rohstoffe zu wirtschaftlichen Preisen einzusetzen und Lieferketten möglichst vollständig abzusichern.
Zwei Anknüpfungspunkte zirkulärer Wirtschaft
Das künftige Ziel sollte eine umfassende Wiederverwertung der Fahrzeuge sein. Dazu gibt es zwei grundlegende Anknüpfungspunkte. Einer führt über das Design, der andere setzt an den Produktionsprozessen an. „80 Prozent der Grundlagen einer Kreislaufwirtschaft können die Automobilhersteller im Design legen. Im Grunde geht es darum, das Produkt ‚Fahrzeug‘ in all seiner Komplexität noch einmal neu zu denken. Ingenieure gestalten Automobile so, dass sie den Anspruch der Wiederverwertbarkeit erfüllen können und zum funktionalen Baustein des Kreislaufsystems werden“, sagt Boris Kaiser, Projektleiter von ITAS.
Dabei spielen das sich verändernde Nutzungsverhalten und die Bedürfnisse der Kunden eine entscheidende Rolle. So geht die Entwicklung immer mehr dahin, dass Menschen Autos nicht mehr besitzen, sondern flexibel nutzen möchten. Das kann etwa über Leasing-Möglichkeiten, Car-Sharing-Angebote oder Pay-per-Use-Modelle geschehen. Bei entsprechender Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen und Fahrzeuggestaltung bekommen die Hersteller zugleich einen anderen Zugriff auf die verwendeten Rohstoffe und Bauteile. Sind die Fahrzeuge nachhaltig designt, können Komponenten am Ende ihrer Lebenszeit entnommen, wiederverwertet und für den Re-Use aufbereitet oder stofflich recycelt werden. Im Licht der veränderten Gewohnheiten bleiben die Automobilunternehmen dabei Eigentümer des Materials. Das erleichtert die Rückführung der Bauteile und Rohstoffe in den Verwertungskreislauf.
Zulieferer finden Potenziale in der Produktion
Für zahlreiche Betriebe besteht allerdings kein Einfluss auf die Gestaltung der Fahrzeuge. Dies ist vor allem bei Zulieferern der Fall, die Komponenten für die großen Automobilmarken fertigen. Doch auch sie können sich zirkulär aufstellen. Dazu lohne es, die einzelnen Etappen der Produktion und die Fabrik als Ganzes zu betrachten, so Kaiser. Rohstoffeinsatz, Umgang mit überschüssigem Material, Abfällen oder fehlerhaften Produkten bieten Ansatzpunkte zur Effizienzsteigerung und Kostensenkung. Auch die Maschinen und Anlagen selbst lassen sich nach Prinzipien der Kreislaufwirtschaft erneuern. Zudem ist auch die Vernetzung mit Wettbewerbern und Partnern wichtig, denn Kreislaufwirtschaft ist keine Einbahnstraße. So müssen etwa Verwertern Fahrzeuge oder Altbauteile regelmäßig in relevanten Größenordnungen erhalten, damit der Materialkreislauf funktioniert.
Kostenfreie Kurse sollen Bewusstsein schärfen
Um das Thema Kreislaufwirtschaft bei den Zulieferern voranzutreiben, bietet ITAS unter dem Namen „Circular Cars“ zwei kostenfreie spezielle Kurse an. Das Ziel ist dabei einerseits, das Bewusstsein für das Thema Kreislaufwirtschaft in den Unternehmen zu schärfen. Andererseits sollen Firmen so ein Werkzeug für eine konkrete Selbsteinschätzung an die Hand bekommen. „Wir wollen mit unseren Kursen Wissen vermitteln und den Betrieben die Möglichkeit geben, mithilfe verlässlicher Markdaten und Quellen die eigene Unternehmenssituation realistisch zu bewerten. Anhand dessen sollen sie für sich machbare Anknüpfungspunkte, Strategien und Maßnahmen im Rahmen der Kreislaufwirtschaft erkennen und entwickeln können“, erklärt Andreas Wächtler vom AMZ. Das Zulieferernetzwerk hat die Kurse maßgeblich mitkonzipiert.
Offerte an Unternehmensleitungen
Der eine Teil des Kursangebotes richtet sich dabei dezidiert an die Unternehmensleitung. Bei „Circular Cars – Made in Sachsen: Strategische Umsetzung für Unternehmensführung“ geht es darum, wie das Geschäftsmodell und die Entwicklung von Produkten unter dem Aspekt der Kreislaufwirtschaft verändert werden kann. Dazu erhalten Geschäftsführer Einblicke in die strategische Implementierung der Prinzipien der Circular Economy in ihre Unternehmensplanung. Es erfolgt zudem eine Sensibilisierung, wie die Umstellung auf einen zirkulären Ansatz sowohl ökologische Nachhaltigkeit fördert als auch Wettbewerbsfähigkeit steigert. Die vorgestellten Maßnahmen reichen dabei von der Abfallreduzierung bis zur Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle.
Angebot an Fachkräfte der Automobilindustrie
Der zweite Kurs richtet sich vor allem an Fachkräfte in der Automobilindustrie. Er befasst sich mit Themen wie Qualifizierung und der Auseinandersetzung mit dem eigenen Tätigkeitsprofil. Dazu bietet er praxisorientierte Einblicke in die Anwendung der Prinzipien der Kreislaufwirtschaft am Arbeitsplatz. Teilnehmer lernen, wie sie Ressourcen effizienter nutzen, Abfälle minimieren und zugleich die Qualität ihrer Arbeit verbessern. So können Angestellte nicht nur zum Umweltschutz beitragen, sondern steigern auch ihre berufliche Qualifikation und ihre Position am Fachkräftemarkt. Außerdem sichern sie die künftige Wettbewerbsfähigkeit ihres Unternehmens. „Unsere Kurse sollen letztendlich auch dazu beitragen, dass sich Unternehmer und Fachkräfte miteinander vernetzen Schließlich funktioniert Kreislaufwirtschaft nur als System, als gemeinsames Projekt der Beteiligten“, so Wächtler.
Weitere Informationen zu den Kursen hier.