Masterplan für Südwestsachsen

Masterplan für Südwestsachsen
In verschiedenen Formaten diskutieren Akteure der Industrieregion Südwestsachsen Handlungsoptionen sowie die Voraussetzungen für deren erfolgreiche Umsetzung, auf dem Foto während eines Workshops zu aktuellen und zukunftsfähigen Wertschöpfungsketten im Landkreis Mittelsachsen. Foto: Ina Reichel
04.07.2024 | Redaktion Autoland

Der Produktionsrückgang und das angekündigte Auslaufen weiterer 1.000 befristeter Arbeitsverträge bei VW Zwickau haben auch Auswirkungen auf die regionale Zulieferbranche. „Deshalb ist es wichtig, einen Masterplan mit Lösungsansätzen für eine langfristige Zukunft der Zulieferbranche zu haben.“ Das sagt Boris Kaiser, Sprecher der ITAS-Initiative. Patrick Korn, ITAS-Projektleiter der IHK Chemnitz ergänzt. „Die politischen Akteure sind sich der Bedeutung bewusst. Regionalminister Thomas Schmidt hat kürzlich einen solchen Masterplan für die Automobilindustrie Südwestsachsen gefordert. Zudem besteht mit dem Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (SMWA) bereits ein regelmäßiger Austausch.“

Unterstützung durch Regionalpolitik begrüßt

Die ITAS-Akteure begrüßen die Unterstützung durch die Regionalpolitik. Denn der Transformationsprozess ist komplex und verläuft nicht geradlinig. Das erfordere eine übergreifende Kooperation und Vernetzung zwischen vielen Akteuren in Wirtschaft, Bildung, Politik und Gesellschaft. „Und genau hier setzt unser Bündnis an. Als Grundlage für ein langfristiges und wirtschaftlich tragfähiges Zukunftsbild der Automobilregion Südwestsachsen erarbeiten wir bereits erste Grundlagen für einen Masterplan – die sogenannte ITAS-Charta“, erklärt Kaiser.

Produktionsstandort Südwestsachsen sicherstellen

Südwestsachsen ist und bleibt ein Produktionsstandort. Dafür müssen die regionalen Rahmenbedingungen laut ITAS allerdings so gestaltet sein, dass sie Investitionen für Unternehmen attraktiv machen. „Um Kostennachteile im globalen Wettbewerb zu mildern und gleichzeitig einen Beitrag zur Bewältigung des demografischen Wandels zu leisten, sollten beispielsweise die Produktionstechnologien Automatisierung und Robotik in ihrer Herstellung sowie im Einsatz gefördert werden“, sagt Andreas Wächtler vom Netzwerk Automobilzulieferer Sachsen AMZ. „Zentral für einen zukunftsfähigen Produktionsstandort ist ein technologisches, nachhaltiges Automotive-Ökosystem. Auch eine entsprechende Stromversorgung und die Anbindung an Wasserstoffübertragungs- und -verteilnetze sind essenziell“, so Wächtler weiter.

Fokus auf die Beschäftigten

Ein weiterer Fokus der Charta liegt auf den Beschäftigten. Die Schärfung transformationsrelevanter Bildungs-, Qualifizierungs- und Kooperationsangebote sind dabei zentrale Punkte. „Der Ausbau künftig wichtiger Kompetenzen muss gestärkt werden, unter anderem in den Bereichen IT und Automatisierungstechnologie. Es gibt eine große Palette an Bildungsprodukten, die sich genau auf den Automobilbereich spezialisiert haben. Wir können also auf ein sehr großes Portfolio zurückgreifen und die Unternehmen aktiv mit unseren Fördermöglichkeiten unterstützen“, betont Jörg Fischer, Geschäftsführer Operativ der Zwickauer Arbeitsagentur.

Jugend stärker einbinden

Auch der gesellschaftliche Bereich findet in der ITAS-Charta Berücksichtigung. Dabei geht es um die Bereitstellung greifbarer Lösungen, um die Bevölkerung für den Mobilitätswandel zu begeistern. Ebenso gilt es, die Jugend noch stärker einzubinden, schließlich arbeitet sie mit den Technologien und Konzepten von morgen. Ziel ist es, eine breite Akzeptanz und aktive Teilnahme an der Transformation zu fördern.

Viele beteiligen, um viele Bedürfnisse zu berücksichtigen

„Die ITAS-Charta ist unter anderem das Resultat unserer vielfältigen Beteiligungsformate, die wir bisher angeboten haben. Dazu zählen Kongresse, Diskussionsforen oder Policy Labs. Die gemeinsam mit den verschiedenen Interessengruppen aus Gesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und Politik entwickelten Ziele und Maßnahmen fließen fortlaufend in die Charta ein. So dass ein fundiertes Dokument entsteht, das die Bedürfnisse aller Beteiligten berücksichtigt“, erklärt Boris Kaiser das Vorgehen.

So diskutierten beispielsweise Vertreter aus den Landkreisen Erzgebirge, Mittelsachsen, Zwickau und der Stadt Chemnitz in einem Policy Lab zum Thema automatisiertes Fahren. Im Austausch mit Experten des AMZ erörterten die Teilnehmer die Voraussetzungen dieser innovativen Mobilitätsform. Die Diskussion verdeutlichte, welche einheitlichen Grundlagen Landkreise schaffen müssen, um automatisiertes Fahren in Zukunft überhaupt zu ermöglichen.

Autonomes Fahren für bessere Mobilität

„Mobilität ist einer der Schlüsselfaktoren für Wirtschaft und Gesellschaft. Um die Zukunftsfähigkeit Südwestsachsens zu gewährleisten, ist autonomes Fahren unumgänglich. Der große Nutzen für die Region etabliert sich an zwei konkreten Bereichen. Zum einen die Entwicklung und Herstellung, zum anderen die Nutzung und Anwendung dieser Systeme, beispielsweise in der Logistik und im ÖPNV“, betont Andreas Wächtler. Der AMZ-Netzwerkmanager erklärt weiter: „Rechtlich ist diese Art der Mobilität bereits gelöst. Mit ITAS holen wir nun die Kommunen ins Boot. Wir möchten ihnen verdeutlichen, was autonomes Fahren für sie bedeutet und sie dazu befähigen, neue Verkehrskonzepte zu erarbeiten.“

Strukturbericht zeigt Handlungsbedarf

Auch das ITAS-Zukunftsforum in Zwickau sowie die ITAS-Kongresse in Chemnitz brachten wertvollen Input für die Ausgestaltung der ITAS-Charta. Hier tauschten sich Vertreter aus Unternehmen, Politik und Initiativen zum aktuellen Status quo sowie den nötigen Anpassungen und Maßnahmen aus. Erste Einblicke in den von ITAS beauftragten Strukturbericht zeigen nach wie vor bestehende Defizite auf. „Die Region Südwestsachsen hat strukturell immer noch Nachholbedarfe. Ausschlaggebend dafür sind unter anderem Kriterien wie Arbeitsmarkt, Verkehrsanbindung und Demografie. Positiv hervorzuheben ist jedoch, dass der Bericht beeinflussbare Standortfaktoren identifiziert. Dazu zählen attraktive Arbeitsplatzangebote, eine gute Infrastruktur und gut ausgebildete Fachkräfte.“ Das sagt Marcus Galle, betrieblicher Berater und ITAS- Projektleiter der IG Metall. Er betont weiter: „Um die neuen Technologien effektiv zu nutzen, ist es entscheidend, dass unsere Belegschaften über die erforderlichen Fähigkeiten und das Know-how verfügen. Daher müssen wir die Qualifizierung vorantreiben. Es bedarf einer Weiterbildungskultur, die kontinuierliches Lernen fördert und uns befähigt, die wirtschaftlichen Veränderungen aktiv zu gestalten. Dabei ist vor allem die Einbindung der Belegschaften ein Erfolgsfaktor für die Akzeptanz und Umsetzung von Veränderungsprozessen.“

Akzeptanz steigt durch Beteiligung

Des Weiteren wurden erste Zwischenergebnisse der Resilienzstudie präsentiert. Sie soll die Transformationsdebatte mit validierten Argumenten und konkreten Zahlen untermauern und die Veränderungsbereitschaft der Region für den Strukturwandel analysieren. Erste Tendenzen zeigen, dass regionale Akteure, also Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen, aktiv in den Wandel einbezogen werden müssen, um die Akzeptanz von Anpassungsprozessen und Veränderungen zu steigern.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz fördert ITAS mit 8,2 Millionen Euro. Das Projekt startete im Juli 2022 und läuft bis Juni 2025.

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