Es ist ein klassischer Zielkonflikt: Um Autos umweltfreundlicher zu machen, werden sie immer leichter. Weniger Gewicht führt zu weniger Kraftstoffverbrauch und das wiederum zu weniger CO2-Ausstoß. Leichtbaumaterialien zeigen aufgrund ihrer geringen Masse und der geringeren Materialdämpfung jedoch ein deutlich verändertes Schwingungsverhalten als herkömmliche Materialien. Dies kann zu ungewollten Geräuschen im Fahrzeuginnenraum führen. Zu viel Lärm mindert jedoch den Fahrkomfort und ist sowohl physisch als auch mental belastend. Fraunhofer-Forschende lösen diesen Konflikt auf.
Sogenannte vibroakustische Metamaterialien (VAMM) machen es möglich, dass Fahrzeugkomponenten leichter und zugleich deutlich leiser werden. Auf der Blechexpo 2021 in Stuttgart stellen die Forschenden des Fraunhofer-Instituts für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU vom 26. bis 29. Oktober solche Materialien vor. Die Besucher sehen Demonstratorplatten mit unterschiedlichen Designs vibroakustischer Metamaterialien, die zur Reduktion von Schwingungen im Fahrzeugbau eingesetzt werden können.
Vibroakustische Metamaterialien (VAMM) sind künstlich hergestellte Strukturen zur Lärm- oder Schwingungsbeeinflussung. Die hohe Wirksamkeit von VAMM beruht auf dem geschickten Verbund und der damit stattfindenden Interaktion von Einheitszellen aus passiven oder aktiven Resonatoren untereinander. Dadurch entstehen so genannte Stoppbänder, also Frequenzbereiche, in denen keine Wellenausbreitung und damit keine Schwingungsübertragung in der Struktur möglich ist. Im Rahmen des Fraunhofer-internen Forschungsvorhabens MetaVib werden Herstellungsverfahren für eine industrielle Anwendung von VAMM untersucht. Für metallische Strukturen werden neue umformtechnische Prozessketten zur hochgenauen Fertigung filigraner Strukturen sowie zur Integration von VAMM in Blech- und Karosseriebauteile erarbeitet. Bei der Blechumformung ist vorgesehen, das Stanzen für die Herstellung von VAMM-Blechhalbzeugen dahingehend weiterzuentwickeln, dass die Streuung der Resonatorgeometrien auf ein definiertes Minimum reduziert und dies auch reproduzierbar gefertigt werden kann.
Dafür bündeln die Fachbereiche mehrerer Fraunhofer-Institute ihre Kompetenzen in einem Konsortium für das Projekt MetaVib: Strukturdynamik (Fraunhofer LBF, Fraunhofer IWU), Akustik (Fraunhofer IBP, Fraunhofer IDMT), Elektroakustik (Fraunhofer IDMT) und Fertigungstechnik (Fraunhofer IFAM, Fraunhofer IWU). Das Fraunhofer IWU übernimmt im Projekt schwerpunktmäßig die fertigungstechnische Umsetzung der vibroakustischen Metamaterialien aus metallischen Werkstoffen, die Entwicklung von großserienfähigen Herstellungsverfahren der vibroakustischen Metamaterialien für metallische Werkstoffe (Stanzen, Umformen, etc.), die Fertigung und messtechnische Charakterisierung von Demonstratorbauteilen und die Entwicklung und Erprobung einer Autotür als Prototyp.
Das Fraunhofer IWU präsentiert die VAMM-Forschung sowie neue Entwicklungen bei der Herstellung von Bipolarplatten für Brennstoffzellen, bei der Herstellung komplex gebauter Titan-Bauteile mittels temperierter Innenhochdruck-Umformung, bei der automatisierten Qualitätssicherung und bei Systemen zur Vermeidung von Produktionsausfällen in der blechumformenden Industrie während der Blechexpo 2021 auf dem Gemeinschaftsstand der EFB e.V. in Halle 5, Stand 5306.