Mit leichten Regalen kompensieren das Fraunhofer IWU und Mosolf Special Vehicles das Mehrgewicht von batterieelektrischen Polizei-Einsatzfahrzeugen. Damit viel Nutzlast erhalten bleibt, setzen sie auf das innovative 3D-Druck-Verfahren SEAM.
Batterieelektrische Fahrzeuge sind ein wesentlicher Beitrag zur CO2-Reduktion im Verkehrssektor. Das Mehrgewicht der Hochvoltspeicher geht jedoch auf Kosten der erlaubten Zuladung – es sei denn, das Fahrzeug wird an anderer Stelle leichter. Das Fraunhofer IWU und die Mosolf Special Vehicles GmbH haben einen smarten Vorschlag, wie sich Gewicht reduzieren und zugleich der Bauraum optimal ausnutzen lässt. Ein 3D-gedrucktes Heckregal macht es möglich. Am Beispiel des Mercedes Vito für den Polizeieinsatz lassen sich so im Vergleich zur bisherigen Nachrüstlösung einschließlich der Beschläge 26,5 Kilogramm einsparen.
Gut belastbar und flexibel nutzbar
Dabei bleibt die Nutzlast des Regalsystems vollständig erhalten. Auch im neuen Regal kann die untere Schublade bis zu 100 Kilogramm verkraften. Belastbarkeit und flexible Nutzbarkeit des Systems sind wichtige Anforderungen, da die Ausrüstung für den Einsatz zunehmend schwerer wird. Ballistische (kugelsichere) Schutzschilde beispielsweise bringen einiges Gewicht auf die Waage. Dennoch muss die Nutzung im Verkehrsdienst, Streifendienst oder bei Großveranstaltungen als Mannschafttransport flexibel möglich sein. Das neu entwickelte Regal schmiegt sich vollständig an die Fahrzeughaut. Es erfordert keine zusätzlichen Versteifungen oder Befestigungen und nutzt so den Bauraum im Heckbereich bestmöglich aus. In den oberen Fächern finden sogar mehr Gegenstände Platz als bisher, dank einer um acht Prozent vergrößerten Ablagefläche. Selbstverständlich ist das Regal auch genauso sicher wie die Standardausführung.
Mit SEAM schnell und wettbewerbsfähig drucken
Für die Herstellung des neuen Regals kam die SEAM-Technologie zum Einsatz. SEAM steht für Screw Extrusion Additive Manufacturing. Dieses 3D-Druck-Verfahren eröffnet neue Produkt- und Fertigungsmöglichkeiten im industriellen Maßstab. Es erlaubt, große Stückzahlen in kurzer Zeit zu wettbewerbsfähigen Kosten zu produzieren. Das am Fraunhofer IWU entwickelte SEAM-Verfahren ist im Vergleich zum herkömmlichen 3D-Druck nicht nur acht Mal schneller, sondern ermöglicht zudem die Verwendung preisgünstigen Standard-Kunststoffgranulats. Dadurch lassen sich im Vergleich zu klassischen Fused-Layer-Modeling (FLM)-Verfahren, in denen teures Filament verwendet wird, Materialkosten um das bis zu 200-fache einsparen. Beim neuen Heckregal fiel die Wahl auf ein kohlenfaserverstärktes, gegenüber Wasserkontakt unempfindliches Polypropylen.
Der Druckprozess erfolgt, indem über eine modifizierte Extrusionsschnecke das Kunststoffgranulat in den Extruder eingezogen und plastifiziert wird. Dabei sind Prozessgeschwindigkeiten bis ein Meter pro Sekunde erreichbar. Die entstehende Kunststoffschmelze wird anschließend schichtweise auf der Bauplattform abgelegt. Durch den kontinuierlichen Ablageprozess ist die Fertigung großvolumiger, belastbarer Bauteile möglich.
3D-gedruckte Innenausbauten – wirtschaftliche Option
Mosolf gab den Anstoß für die Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IWU und brachte die Expertise zu Beladung, Konzept, montagegerechter Gestaltung, Musterbau und Anbindung im Fahrzeug ein. Die Partner wollten den Beweis antreten, dass 3D-gedruckte Innenausbauten bei vergleichbaren Herstellkosten technische Vorteile gegenüber herkömmlichen Lösungen bieten. Beweis erbracht: Das SEAM-Verfahren ist eine wirtschaftliche Option für fahrzeugtyp-spezifische sowie an individuelle Kundenanforderungen angepasste Kleinserien.