Wenn viele Elektroautos zur gleichen Zeit laden, gehen in der Straße die Lichter aus – eine solche Befürchtung malen Skeptiker der Elektromobilität als düstere Zukunftsvision. Bei einem Modellversuch in Chemnitz haben die Partner ein klares Szenario dagegen gefunden, teilt Audi in einer Presseinformation mit: Intelligentes und netzdienliches Laden entlastet das Stromnetz und kann damit helfen, die Akzeptanz für die Elektromobilität weiter zu steigern.
In dem Forschungsprojekt hat Audi gemeinsam mit dem IT-Dienstleister GISA und weiteren Partnern ein Überlast-Szenario im lokalen Stromnetz abgebildet: In einem Straßenzug, der von einem Ortsnetz-Transformator versorgt wird, laden mehrere Elektroautos gleichzeitig mit hoher Leistung.
Das sogenannte netzdienliche Laden soll einer Überlastung mit einem intelligenten Management von Ladevorgängen entgegenwirken und eine Netzüberlastung vermeiden. Dabei steuert die gezielte Kommunikation zwischen Elektroauto und Netzbetreiber den Ladevorgang dynamisch. In der Praxis bedeutet das zukünftig beispielsweise ein zeitversetztes Laden unter Berücksichtigung des Abfahrtswunsches und der tatsächlichen Last im Stromnetz. Unterm Strich zeigt der Versuch eine Win-Win-Situation: Das E-Auto nutzt Standzeiten für das Vollladen mit einer dynamischen Anpassung der Ladeleistung und entlastet gleichzeitig das Stromnetz, ohne dabei die Mobilitätsbedürfnisse der Kunden einzuschränken.
Möglich wird das durch neue Bausteine im Hausnetz für eine gemeinsame Sprache zwischen Haus, Elektroauto und Energienetz. Die zentrale Komponente ist ein sogenanntes Smartmeter Gateway (SMGW) – ein Gerät, das schon heute Pflicht ist, wenn der Stromverbrauch des Haushalts im Jahr über 6.000 kWh liegt. Das SMGW stellt über ein zertifiziertes IT-Backend eine hochsichere Datenverbindung zwischen Haus und Netzbetreiber her. Alle notwendigen Informationen und Steuersignale werden zielgerichtet weitergeleitet – entweder zum Heimenergie-Managementsystem (HEMS) oder direkt zum Ladesystem connect, das Audi optional anbietet.
Mittelfristig individuelles Laden möglich
Mittelfristig wird es die neue Vernetzungstechnik erlauben, die Ladeleistung, den Ladezeitpunkt und die Ladedauer für jedes Auto zu beeinflussen. Zusätzlich könnten sich reizvolle Perspektiven eröffnen: Ein Kunde, der z. B. seinen Audi e-tron auch am Arbeitsplatz laden kann, könnte beispielsweise beim Laden zuhause gewisse Einschränkungen akzeptieren. Im Gegenzug bekäme er den Strom von seinem Anbieter zu einem vergünstigten Preis.
Gemeinsame Sprache der Vernetzungspartner
Die für das netzdienliche Laden notwendigen technischen Standards und Kommunikationsprotokolle liegen bereits vor. Die Haupt-Guideline ist die neue DKE-Anwendungsregel AR-E 2829-6, die den Informationsaustausch zwischen häuslichem Netzanschluss und Energiewirtschaft beschreibt. Als Kommunikationsprotokoll dient das EEBUS-Datenmodell – es wurde von der Initiative EEBUS e.V. entwickelt, in der sich auch Audi engagiert. EEBUS hat sich zum Ziel gesetzt, die Teilnehmer der künftigen Energiewirtschaft in Europa auf Grundlage einer standardisierten Sprache zu vernetzen.
In dem Pilotprojekt hat Audi seine Expertise im Bereich Elektromobilität sowie Ladeinfrastruktur eingebracht. Als Initiator des Projektes und Administrator des Smartmeter Gateway (SMGW) fungierte der mitteldeutsche IT-Dienstleister GISA. Die Software für das Backend stellte das Dresdner Unternehmen Robotron Datenbank-Software bereit. Die Software für die Kommunikations-Schnittstelle des SMGW entwickelte KEO Köln. Die Hardware des intelligenten Messsystems wurde von EMH metering Gallin zur Verfügung gestellt.