Handwerkskunst und Hochtechnologie vereint

Es ist vollbracht: Nachdem er 80 Jahre lang nur als Zeichnung existierte, hat Frieder Bach mit Partnern den Spezial-Sportwagen auf Basis des DKW F9 Realität werden lassen.
Es ist vollbracht: Nachdem er 80 Jahre lang nur als Zeichnung existierte, hat Frieder Bach mit Partnern den Spezial-Sportwagen auf Basis des DKW F9 Realität werden lassen. (Foto: Frank Reichel)
20.05.2020 | Redaktion Autoland

Historische Automobile und innovative Technik bilden ein gutes Paar. Das haben der Oldtimer-Fachmann Frieder Bach und Umformtechnik-Experten des Fraunhofer IWU eindrucksvoll bewiesen. Zeugnis dieser Partnerschaft ist der Bau des letzten Auto Union Sportwagens aus Chemnitz. Das 1940 konstruierte Derivat auf Basis des DKW F9 haben die Akteure 80 Jahre später Realität werden lassen. Am 19. Mai 2020 fuhr Frieder Bach das Prachtstück ins Museum für sächsische Fahrzeuge Chemnitz. Dort ist es derzeit Mittelpunkt der Sonderschau „Fix voran mit Frontantrieb – 90 Jahre DKW-Rennwagen“, die noch bis zum 4. Oktober 2020 gezeigt wird.

Dass die Auto Union 1939/1940 den Bau dieses speziellen DKW F9-Sportwagens plante, blieb Historikern bis 2014 verborgen. Zu diesem Zeitpunkt bereitete das Team des Museums für sächsische Fahrzeuge eine Ausstellung zum F9 vor, allen voran Museumsgründer und profunder DKW-Kenner Frieder Bach. Bei den Recherchen stieß er auf eine Zeichnung von 1940. Die Skizze zeigte einen schnittigen Rennwagen. Diesen DKW wollte die Auto Union bei einem Langstreckenrennen Berlin–Rom einsetzen. Weil bei solchen Veranstaltungen Rennboliden nicht erlaubt waren, hat man bei der Auto Union wohl die Bezeichnung Sportwagen verwendet, vermutet der Oldtimerexperte. Der Krieg verhinderte sowohl den Bau des Wagens als auch das Rennen.

Die formvollendete Stromlinienkarosserie faszinierte Frieder Bach ebenso wie die Unterschriften, die er auf der Zeichnung entdeckte: Günther Mickwausch und Arthur Kordewan. Karosseriegestalter Mickwausch hatte den Wagen entworfen, Konstrukteur Kordewan ihn gezeichnet. Arthur Kordewan war Frieder Bach’s Arbeitskollege in den Barkas-Werken. „Allein schon ihm zu Ehren wollte ich dieses Auto bauen“, bekennt Bach. Dank seiner umfangreichen Erfahrungen, über die er als Autor zahlreicher Bücher zur sächsischen Fahrzeughistorie sowie als Restaurator von Oldtimern verfügt, erkannte er die Wege zur Realisierung dieses Vorhabens, das ihm und seinem Sohn mehrere tausend Arbeitsstunden abverlangte. Im Jahr 2019 habe er bis auf zwei Wochen Urlaub jeden Tag etwa acht bis zehn Stunden mit dem Bau des Wagens verbracht, blickt Frieder Bach zurück.

In Sören Scheffler vom Fraunhofer IWU (l.) fand Frieder Bach einen Partner, der ihm mit modernen Technologien bei der Herstellung der Aluminiumkarosserie unterstützte.
In Sören Scheffler vom Fraunhofer IWU (l.) fand Frieder Bach einen Partner, der ihm mit modernen Technologien bei der Herstellung der Aluminiumkarosserie unterstützte. (Foto: Frank Reichel)

Neues Verfahren für historische Karosserie

Das Schwierigste war, die Karosserie aus Aluminiumblech anzufertigen. Diese herkömmlich mittels Gesenke herzustellen, hätte einen nicht leistbaren finanziellen Aufwand bedeutet. Hier kam ihm ein Zufall zu Hilfe. Beim Schulanfang seiner Enkelin lernte er Sören Scheffler vom Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU kennen. Der Umformtechnik-Experte suchte für ein neues Blechbearbeitungsverfahren, das inkrementelle Umformen, ein Referenzobjekt mit komplizierter Geometrie – und hatte es bei Frieder Bach gefunden. Am IWU wurden die F9-Spezial-Karosserie in ein CAD-Datenmodell transferiert und die Teile u. a. mittels inkrementeller Blechumformung hergestellt. Dieses Verfahren ermöglicht die wirtschaftliche Herstellung komplexer Bauteile in geringer Stückzahl. Werkzeuge wie bei klassischen Ziehverfahren werden nicht benötigt.

Die IWU-Wissenschaftler fertigten noch eine zweite Karosserie des gleichen Typs sowie ein neu konstruiertes Fahrgestell an und gaben diesem Projekt den Namen „Silberhummel“. Dieser Technologie-Demonstrator soll einen Brennstoffzellen-Antrieb erhalten. Damit sollen die Forschungen in diesem Bereich weiter vorangetrieben werden, sagt Dr. Ulrike Beyer, Leiterin der TaskForce Wasserstoff@IWU. Angesichts des Strukturwandels in der Branche und des geplanten Kohleausstiegs sei das ein enorm wichtiges Thema für Sachsen, betont die Wissenschaftlerin.

In diesem Buch hat Frieder Bach auf 120 Seiten und mit mehr als 100 zum Teil farbigen Fotos die Entstehungsgeschichte des letzten DKW F9 Sportwagens aus Chemnitz festgehalten. Erschienen ist es im Mironde Verlag Niederfrohna.
In diesem Buch hat Frieder Bach auf 120 Seiten und mit mehr als 100 zum Teil farbigen Fotos die Entstehungsgeschichte des letzten DKW F9 Sportwagens aus Chemnitz festgehalten. Erschienen ist es im Mironde Verlag Niederfrohna.

Mehr zum letzten Auto Union Sportwagen aus Chemnitz können Interessenten im gleichnamigen Buch von Frieder Bach sowie bei einem Besuch im Fahrzeugmuseum Chemnitz erfahren.

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