Einigung mit bitterem Beigeschmack

Einigung mit bitterem Beigeschmack
Das VW-Werk Zwickau ist der große Verlierer im Poker um angedrohte Werksschließungen. Das Pionierwerk der E-Mobilität im Konzern bleibt zwar erhalten, muss aber seine Kapazitäten deutlich reduzieren. Foto: Volkswagen
23.12.2024 | Redaktion Autoland

Zwickau – der große Verlierer

Das Fahrzeugwerk Zwickau mit aktuell rund 9.500 Beschäftigten muss vier der bisher sechs produzierten E-Modelle abgeben. Ab 2027 sollen nur noch der Audi Q4 e-tron und der Audi Q4 e-tron Sportback vom Band laufen. Die drei ID-Modelle und den Cupra Born erhalten andere Werke. Ein Großteil des bisherigen Zwickauer Volumens geht an den Stammsitz nach Wolfsburg. Dort endet die Golf-Produktion. Diese wird ab 2027 nach Mexiko verlagert.

Weit weg von „solidarischer Lösung“

Zwickau ist nach dem Umbau zum reinen E-Auto-Werk auf eine Kapazität von rund 360.000 Fahrzeugen pro Jahr im Dreischichtbetrieb ausgelegt. Seit August läuft die Fertigung auf zwei Linien nur noch im Zweischichtbetrieb. Ab 2027 ist die Konzentration der Fahrzeugproduktion auf einer Linie geplant. Diese deutliche Kapazitätsanpassung nach unten kann nicht ohne einen ebenso deutlichen Arbeitsplatzabbau im Werk sowie bei den Zulieferern und Dienstleistern erfolgen. Zwar freut sich die IG Metall, dass es „mit einer solidarischen Lösung aller deutschen VW-Standorte“ gelungen sei, „einen Kahlschlag zu verhindern“. Doch für das E-Auto-Pionierwerk Zwickau fühlt sich der ausgehandelte Kompromiss eher wie ein Sterben auf Raten an. Von einer „solidarischen Lösung“ ist dieser mindestens so weit entfernt wie Zwickau von Emden. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass das Land Niedersachsen seine Rolle als Großaktionär zu seinen Gunsten ausgespielt hat.

In Zwickau bleiben neben der geschrumpften Fahrzeugfertigung der Karosseriebau für Bentley und Lamborghini, die Pressteileproduktion für den Konzern und der Sonderfahrzeugbau. Hinzu kommen soll der Aufbau neuer Geschäftsfelder im Rahmen der Kreislaufwirtschaft.

Keine Fahrzeugfertigung mehr in Dresden

Nicht überraschend kommt die Entscheidung, die Fahrzeugproduktion in der Gläsernen Manufaktur Dresden Ende 2025 einzustellen. Diese steht bereits seit Jahren in Frage. Volkswagen arbeitet hier an alternativen Optionen. Ein Sprecher von VW Sachsen sagte dem MDR, dass ein Umbau zum Forschungsstandort für Halbleitertechnik und autonomes Fahren geplant sei.

Chemnitz bleibt Verbrenner-Standort

Vorerst keine Änderungen gibt es im VW-Motorenwerk Chemnitz. Die rund 1.900 Beschäftigten produzieren weiterhin Benzin-Motoren und Motorkomponenten.

Insgesamt sieht die Einigung zwischen VW und der IG Metall einen Kapazitätsabbau von 734.000 Einheiten in den deutschen Werken vor. Rund 35.000 Arbeitsplätze sollen bis 2030 sozialverträglich entfallen. Zugleich gilt bis zu diesem Zeitpunkt eine Beschäftigungssicherung.

Die Einigung hat zwar Werksschließungen und Massenentlassungen vorerst verhindert. Es bleiben aber viele Fragen offen.

Weckruf für eigene Transformation

Für regionale Zulieferer und Dienstleister sollten die Veränderungen ein Weckruf sein, um ihre eigene Transformation zu starten bzw. voranzubringen. Unterstützung finden sie hierbei im ITAS-Team der IHK Chemnitz. Es begleitet KMU in Südwestsachsen, ihre Geschäftsmodelle an die neuen Herausforderungen in Wirtschaft und Gesellschaft anzupassen. Eine konkrete Möglichkeit bieten die ChangeDays2025. Der erste Workshop dieser Reihe findet am 20. Januar 2025 statt. Thema: Den Wandel simulieren.

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