Einen Besucherrekord vermelden die Veranstalter des 23. Internationalen Dresdner Leichtbausymposiums. Knapp 300 Gäste aus Wissenschaft und Wirtschaft diskutierten am 27./28. Juni 2019 unter dem Motto „Aufbruch zu digitalen Horizonten“ über die Potenziale der Digitalisierung für den Leichtbau und die damit verbundenen Herausforderungen.
Digitalisierung ist das große Zukunftsthema, welches die Branche momentan bewegt und gemeinsam mit dem Thema Nachhaltigkeit und sparsamer Ressourceneinsatz den modernen funktionsintegrativen Systemleichtbau umkrempeln wird. Sachsens Staatsministerin Dr. Eva-Maria Stange betonte in ihrem Grußwort, dass Leichtbautechnologien helfen, Ressourcen, Kosten und Schadstoffe einzusparen. Das Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik (ILK) der TU Dresden hat in seiner 25-jährigen Geschichte dafür eine hervorragende Plattform gelegt. Mit klangvollen Namen wie der FOREL-Forschungsplattform des BMBF, dem Rolls-Royce University Technology Centre (UTC), dem Innovationszentrum Universelle Werke sowie der Kompetenzschau des Institutes sorgen die Dresdner Forscher für eine starke Vernetzung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft und bringen den Forschungsstandort Dresden international, aber auch regional bei den sächsischen KMU zur Geltung.
Der Prorektor der TU Dresden, Prof. Gerhard Rödel, unterstrich die Bedeutung des ILK für die Universität. Das drittmittelstärkste Institut ist mit seinen 240 Mitarbeitern auch personell das größte. Hier werde Forschung und Lehre interdisziplinär gelebt, inneruniversitär, auf Landesebene, national und international in den zahlreichen Netzwerken.
Dr. Winfried Horstmann, Ministerialdirigent für Industriepolitik im Bundeswirtschaftsministerium, übermittelte den Teilnehmern den Gruß des Bundeswirtschaftsministers Peter Altmaier. Für das BMWi ist das ILK eine Einrichtung, die zu einem internationalen Markenzeichen geworden ist, vor allem, da Leichtbautechnologien als Querschnittstechnologie einen besonderen Stellenwert in der Industrie-Strategie des Bundes haben. Der Klimawandel zwinge Deutschland dazu, Technologien zu entwickeln, die umweltfreundlichere Mobilität möglich machen. Dafür ist der Leichtbau unerlässlich.
Aufbruch in die vierte Leichtbau-Ära
In seinem Impulsvortrag bekräftigte ILK-Vorstand Prof. Maik Gude die signifikante Bedeutung des Leichtbaus und zeigte zukünftige Herausforderungen und Leichtbauansätze unter dem Blickwinkel der ökonomischen, ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit auf. Anhand eines historischen Abrisses der Geschichte des Leichtbaus skizzierte er einen disruptiven umweltorientierten Ansatz und erläuterte den Aufbruch in eine vierte Leichtbau-Ära.
Nach einem bauteilorientierten Ansatz in der ersten Ära bis Mitte des letzten Jahrhunderts, dem folgenden methodenorientierten Ansatz und dem systemorientierten Ansatz in der dritten Ära ab den 1990er Jahren muss nun in der vierten Leichtbau-Ära der umweltorientierte Ansatz folgen. Ziel ist ein „Neutralleichtbau“, bei dem konsequentes Design2Climate und der Einsatz von Life Cycle Assessment schon im Entwicklungsprozess konsequent mitgedacht wird. Produktionsprozesse, Nutzung sowie Recycling von Bauteilen müssen insgesamt eine neutrale CO2-Bilanz bekommen, so der ehrgeizige Ansatz. Erreichen wollen die Forscher des ILK dieses Ziel beispielsweise mit der verstärkten Nutzung von Recyclingmaterialien und bislang ungenutzter Abfall- und Wertstoffströme, der Wiederverwertung von Baugruppen am End-of-Life sowie der Entwicklung und Verwendung CO2-neutraler Werkstoffe und zugehöriger Technologien.
Sessions vertiefen wissenschaftliche Diskussionen
In zwei Sessions wurden verschiedene Aspekte des modernen Systemleichtbaus im Multi-Material-Design genauer beleuchtet. In „Dresden Lightweight Alumni – Trend setting across all industries“ begeisterten Absolventen des ILK mit Vortragsthemen, die von innovativen Flugzeugkomponenten und Schienenfahrzeugen aus Faserverbundwerkstoffen sowie automobilen Modularisierungskonzepten über CFK-Felgen und Fahrradkomponenten bis hin zu wohlklingenden Einrichtungsgegenständen und ästhetischen Holzkomponenten reichten. Dabei wurde das Thema Digitalisierung über den kompletten Produktentstehungsprozess aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet und diskutiert.
Vier Absolventen mit ACL-Preis ausgezeichnet
Während des Symposiums verlieh der Akademische Club Leichtbau außerdem den etablierten ACL-Preis für besonders herausragende studentische Abschlussarbeiten im Fachbereich Leichtbau. Mit Annelie Bischoff, Falko Döbelt, Sascha Heisig und Jan Condé-Wolter konnten gleich vier Absolventen prämiert werden.
Die Session des DFG-Schwerpunktprogrammes SPP 1712 „Intrinsische Hybridverbunde für Leichtbautragstrukturen – Grundlagen der Fertigung, Charakterisierung und Auslegung“ (Sprecher: Prof. Jürgen Fleischer (KIT)) nahm die Hybridisierung von Strukturkomponenten in den Fokus. Die beteiligten Wissenschaftler verfolgen den Ansatz, nachgeschaltete Prozesse (Post Moulding Assembly) wie Kleben oder Schrauben zu überwinden, da damit das Leichtbaupotenzial nicht voll ausgeschöpft werden kann. Stattdessen soll in einem integralen Prozess die Verbindung der verschiedenen Materialien im Ur- oder Umformprozess ohne nachfolgenden Fügeprozess zu einem intrinsischen Hybrid erfolgen.
Kompetenzschau zeigt Transfererfolg des ILK auf
Was die sächsische Leichtbauforschung und das um das ILK herum aufgebaute Netzwerk an Unternehmen und Forschungspartnern leisten kann, präsentierte das Institut sowie seine Partner auf der Ostsächsischen Kompetenzschau Leichtbau. Mit der Veranstaltung wollen die Forscher ganz gezielt Wissenschaft und Wirtschaft zusammenbringen und den Transfer neuester Leichtbaulösungen beschleunigen. Denn der Erfolg des Instituts basiert neben dem Austausch international und überregional vor allem auch auf einem gelungenen Transfer und einem starken Austausch mit den sächsischen KMU.
25 Jahre ILK – Jubiläum lockt über 450 Gäste nach Dresden
Gemeinsam mit 450 Gästen hat das Team des ILK außerdem das 25-jährige Bestehen des Instituts und die Erfolge der zurückliegenden Jahre gefeiert. Der seit 1994 entwickelte werkstoff- und branchenübergreifende Ansatz und das Dresdner Modell des funktionsintegrativen Systemleichtbaus in Multi-Material-Design sind inzwischen Markenzeichen des ILK in Lehre und Forschung und werden weltweit aufgegriffen und angewandt.
1993 wurde Prof. Werner Hufenbach auf die „Professur für Leichtbau und Kunststofftechnik“ berufen. Gemeinsam mit einem deutsch-deutschen Team von insgesamt 15 Mitarbeitern arbeitete er in den Nachwendejahren an einer erfolgreichen Zukunft. 1994 wurde das ILK gegründet. Heute ist das ILK auf über 250 Mitarbeitende angewachsen. Aus einer starken Grundlagenforschung heraus hat es Maßstäbe gesetzt und eine international sichtbare Stellung erreicht. Als Initiator und Sprecher zahlreicher Programme der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) konnten wegweisende Impulse auf dem Gebiet des Leichtbaus gegeben und in Lehre und Anwendung überführt werden. Seit 2014 haben Prof. Maik Gude, Prof. Hubert Jäger und Prof. Niels Modler gemeinsam die Leitung des ILK übernommen und die grundlagen- wie auch anwendungsorientierte Forschung kontinuierlich weiterentwickelt. Mit einem starken Fokus auf durchgängige und digitalisierte Entwicklungsketten und regionale und überregionale Kooperationen werden am Institut nachhaltige Leichtbaulösungen für den Fahrzeug-, Maschinen- und Anlagenbau, die Luft- und Raumfahrt sowie die Energie-, Medizin- und Umwelttechnik entwickelt.