Dekra investiert in automatisiertes Fahren

Dekra investiert in automatisiertes Fahren
Auf den neuen Citykursen am Dekra Lausitzring können unzählige Szenarien für das vernetzte automatisierte Fahren variabel getestet werden. Foto: Dekra
27.06.2023 | Redaktion Autoland

Die Dekra investiert am Lausitzring weiter in das automatisierte Fahren. Am 26. Juni 2023 nahm die Sachverständigenorganisation neu geschaffene Citykurse offiziell in Betrieb. Zugleich feierten die mehr als 200 Beschäftigten das 20-jährige Bestehen des Dekra Technology Centers am Standort in Klettwitz.

Eine typische Verkehrssituation in der Stadt: Mehrere Fahrzeuge sind auf zwei Spuren unterwegs. Plötzlich taucht ein Fußgänger auf der Fahrbahn auf. Das auf ihn zufahrende Auto stoppt rechtzeitig. Gefahr gebannt. Das Besondere an dieser Situation: Alle Fahrzeuge waren ohne Fahrer unterwegs, mit unterschiedlicher Technik des automatisierten Fahrens.

Automatisierte Fahrsituationen deutlich stressen

Dieses Szenario ist eines von vielen, das sich auf den neuen Citykursen abbilden lässt. Damit will die Dekra beitragen, das vernetzte automatisierte Fahren zu simulieren, zu testen und sicher auf die Straße zu bringen. Das betont Dekra Deutschland-Chef Guido Kutschera zur Eröffnung. Christoph Bahnert, Projektkoordinator Euro NCAP und ADAS Testing, spricht beim geschilderten Szenario vom schwarmbasierten Fahren. Straßenverkehr sei keine eindimensionale Angelegenheit. „Wir wollen die automatisierten Fahrsituationen deutlich stressen, mehr Komplexität in das Testen bringen“, betont der Fachmann.

Schwarmtest mit automatisiert fahrenden Pkw und Fußgänger auf der Fahrbahn. Foto: Frank Reichel

Variable Infrastruktur ermöglicht hochkomplexe Testszenarien

Für die Citykurse sind auf bisherigen Parkflächen am Lausitzring rund 80.000 Quadratmeter variabel nutzbare Asphaltflächen entstanden. Die Anlage umfasst Fahrstreifen, Großflächen, Kreuzungsbereiche und vieles mehr. Unter anderem gehören dazu ca. 300 Meter Straßenbahnschienen. Mit flexiblen Markierungen, mobiler Infrastruktur und gegebenenfalls simulierter Randbebauung lassen sich nun die unterschiedlichsten Szenarien des innerörtlichen und teils überörtlichen Verkehrs darstellen. „In Kombination mit hoch modernen Testmethoden können wir künftig Fahrzeuge in nahezu beliebig komplexe Situationen bringen, um ihre automatisierten Fahrfunktionen der maximalen Test-Herausforderung auszusetzen“, erklärt Uwe Burckhardt, Leiter Test und Event am Dekra Lausitzring. In Schwarmtests sollen bis zu zwölf bewegte Objekte im Umfeld des Testfahrzeugs eingesetzt werden. Sie können unterschiedlichste andere Fahrzeuge, aber auch Fußgänger darstellen und lassen sich künftig zentimetergenau steuern. Damit sind die gleichen Testabläufe immer wieder reproduzierbar, so dass Systeme und Funktionen unter jeweils gleichen Bedingungen getestet werden können. 

Mehr als 80 Prozent realer Verkehrssituationen abbildbar

„Nachdem sich die Vorbereitungen und manche Entscheidungen – insbesondere pandemiebedingt – um beinahe zwei Jahre verzögert hatten, konnten wir die neue Anlage jetzt in Rekordzeit fertigstellen“, freut sich Standortleiter Erik Pellmann. „Vom Beginn der bauvorbereitenden Maßnahmen bis zur heutigen Eröffnung sind nur rund sieben Monate vergangen. Allen Beteiligten bei uns im Haus und bei unseren Partnern gilt für diese Leistung ein großes Kompliment.“ 

Das konkrete Layout der neuen Citykurse hat die Dekra gemeinsam mit Fahrzeugerstellern, Zulieferern und Forschungseinrichtungen geplant. „Unter Federführung des Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme in Dresden haben wir das innerstädtische und vorstädtische Unfallgeschehen in Deutschland der Jahre 2013 bis 2019 detailliert ausgewertet“, so Burckhardt. „Mit den Straßengeometrien, die unsere flexiblen Citykurse ermöglichen, lassen sich mehr als 80 Prozent dieser realen Verkehrsszenarien im Test abbilden.“ 

Der Dekra-Standort in Klettwitz bietet nun eine Vielfalt an Teststrecken, die beinahe alle so genannten „Operational Design Domains“ des automatisierten Fahrens abdecken – also die Umfelder, für die automatisierte Fahrfunktionen in Zukunft ausgelegt sein werden. Planungen für weitere Teststrecken, u. a. für Überlandfahrten, laufen bereits. Ebenso sollen zukünftig auch spezifische Witterungsbedingungen wie Seitenwind, Regen oder Schnee simuliert werden.

Neues Batterietestzentrum soll Ende 2024 betriebsbereit sein

Auch wenn gut fünf Jahre nach der Übernahme des Lausitzrings durch die Dekra der damals angekündigte Ausbauumfang jetzt abgeschlossen ist, geht die Entwicklung weiter – auch jenseits von Prüf- und Teststrecken. „Wir haben unser Dekra Technology Center hier in Klettwitz vor ziemlich genau 20 Jahren eröffnet. Seitdem hat sich der Standort massiv weiterentwickelt“, bilanziert Guido Kutschera. „Labore wurden ständig erweitert und den Anforderungen angepasst. Neue Infrastruktur ist hinzugekommen, genauso wie neue Kolleginnen und Kollegen. Heute haben wir hier in Klettwitz mehr als 200 Beschäftigte – und damit sind wir bei weitem noch nicht am Ende.“ Bereits in Planung ist die Ansiedlung des Dekra Testzentrums für automobile und stationäre Batteriesysteme. Es soll Ende 2024 voll betriebsbereit sein und bedeutet für sich allein weitere Investitionen im zweistelligen Millionen-Euro-Bereich. 

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