Rund 50.000 Menschen kamen am 4. Juli 2019, einem Donnerstag, ab Mittag in die Chemnitzer Innenstadt. Beim erstmals veranstalteten Festival KOSMOS präsentierten sie ihre Stadt als modern, tolerant und weltoffen und setzten damit einen deutlichen Gegenpart zum dem Bild, das Chemnitz seit den Ereignissen vom Herbst 2018 auf grau-braun reduziert. Inmitten der Kultur- und Sportangebote stellte sich die Wirtschaft mit einem ihrer zukunftsträchtigsten Zweige vor: der Chemnitz Automated Driving Alliance, kurz CADA.
Die in CADA zusammengeschlossenen Unternehmen präsentierten bei ihrem ersten gemeinsamen öffentlichen Auftritt ihre Vision der Stadtmobilität von morgen. Sie arbeiten in Chemnitz, zum Teil bereits seit 15 Jahren, am Thema automatisiertes Fahren. Die Mitglieder FDTech, Baselabs, FusionSystems, Intenta und Naventik sowie die ebenfalls in Chemnitz aktive und beim KOSMOS-Auftritt vertretene IAV repräsentieren zusammen rund 1000 Ingenieure im Hochtechnologiefeld automatisiertes und vernetztes Fahren. Damit ist außerhalb von OEM-Zentralen eine Kompetenzkonzentration entstanden, die europaweit ihresgleichen sucht.
Die Gründe dafür liegen nicht zuletzt im Chemnitzer Gründerklima, wie eine Podiumsdiskussion der beteiligten Firmenvertreter verdeutlichte. Gründen werde einem hier leicht gemacht, hieß es immer wieder. Kurze Wege und gute Rahmenbedingungen mit Uni, weiteren Forschungs- und Bildungspartnern sowie dem Technologiezentrum und dem Q-Hub als Start-up-Inkubator zählen ebenso dazu wie die in der Genetik der Stadt verwurzelte Auto-Tradition, schließlich hatte hier die Auto-Union ihren Sitz, die Keimzelle der heutigen Audi AG. Es gibt keine Gründe, den Standort zu verlassen. Was nicht heißt, mit Niederlassungen nach außen zu gehen – national und international – und im Umkehrschluss auch Mitarbeiter aus dem Ausland für Chemnitz zu gewinnen.
Bis auf FDTech und IAV haben alle CADA-Mitglieder ihren Ursprung in der Professur Nachrichtentechnik an der TU Chemnitz, die bis 2018 von Prof. Dr. Gerd Wanielik geführt wurde. Die erste Ausgründung war 2005 FusionSystems. 2011 folgte Intenta, 2012 Baselabs und 2017 Naventik. Im gleichen Jahr verließen fünf Mitarbeiter ein international agierendes Automotive-Engineering-Unternehmen und gründeten in Chemnitz die FDTech. Aus dem jungen Unternehmen mit Ingenieuren, die über 20 Jahre Erfahrungen zu Fahrerassistenzsystemen verfügen, kam auch der Anstoß zu CADA. „Wir sind auf dem Papier zwar Wettbewerber, aber eigentlich komplett komplementär unterwegs. Die beteiligten Firmen generieren spezielle Lösungsbausteine, die im Zusammenschluss eine durchgehende Softwarekette für das automatisierte Fahren liefern. Das Denken und Handeln in Partnerschaften bringt uns gemeinsam voran“, sagt FDTech-Geschäftsführer Karsten Schulze.
Mobilität nachhaltig zu gestalten und jedermann zugänglich zu machen, ist ein Ziel von CADA. Dafür braucht es Partner über die Lösung der technologischen Herausforderungen hinaus wie Kommunen, Forschungseinrichtungen und weitere Wegbereiter. Diese stellten in der zweiten Diskussion des Tages ihre Ansätze für eine ökonomisch wie ökologisch sinnvoll vernetzte Mobilität vor, u. a. mit dem Chemnitzer Modell, das bereits jetzt schon die Stadt über kombinierte Straßenbahn-/Bahnlinien mit dem Umland verbindet. Zukünftig soll es bis nach Mittweida im Norden und Annaberg sowie Aue im Süden reichen. Für die bisher in standardisierten Takten und oft nur mäßig besetzt fahrenden Busse zu den Bahnanbindungen könnten künftig autonome Shuttles eine flexible Alternative sein.