Bosch investiert bis 2026 rund drei Milliarden Euro in sein weltweites Halbleitergeschäft. Mehr als 300 Millionen davon kommen dem neuen Werk in Dresden zugute. Über die Pläne in der Chip-Sparte informierte der Technologie-Konzern anlässlich des Bosch Tech Days 2022 in Dresden.
Halbleiter sind unverzichtbarer Bestandteil aller elektronischen Systeme und Taktgeber der modernen Technikwelt. Bosch hat ihre wachsende Bedeutung früh erkannt. Bis 2026 will der Konzern im Rahmen des europäischen IPCEI-Förderprogramms nochmals drei Milliarden Euro in seine Halbleitersparte investieren. „Mikroelektronik ist Zukunft und entscheidender Erfolgsfaktor für alle Geschäftsfelder von Bosch. Mit ihr halten wir einen zentralen Schlüssel für die Mobilität von morgen, das Internet der Dinge und unsere ‚Technik fürs Leben‘ in den Händen“, sagte Dr. Stefan Hartung, Vorsitzender der Bosch-Geschäftsführung, anlässlich des Bosch Tech Day 2022 in Dresden.
Neue Entwicklungszentren in Dresden und Reutlingen
Mit seinem Investitionspaket plant Bosch beispielsweise je ein neues Entwicklungszentrum in Reutlingen und Dresden für zusammen mehr als 170 Millionen Euro. Außerdem investiert das Unternehmen im kommenden Jahr in Dresden 250 Millionen Euro für den Standortausbau mit einer Erweiterung der Reinraumfläche um 3 000 Quadratmeter. „Wir wappnen uns auch im Interesse unserer Kunden für eine unvermindert wachsende Chip-Nachfrage. Für uns steckt in den kleinsten Bauteilen großes Geschäft“, sagte Hartung weiter.
Förderung der Mikroelektronik soll Europas Wettbewerbsfähigkeit stärken
Unter dem Dach des „European Chips Act“ stellen die Europäische Union und die Bundesregierung erneut Fördermittel für den Aufbau eines starken Mikroelektronik-Ökosystems bereit. Das Ziel lautet, den Anteil Europas an der weltweiten Halbleiter-Produktion bis Ende der Dekade von zehn auf 20 Prozent zu verdoppeln. Mit dem neu aufgelegten IPCEI-Programm Mikroelektronik und Kommunikationstechnologie (Important Project of Common European Interest on Microelectronics and Communication Technologies) sollen vor allem Forschung und Innovation gefördert werden. „Europa kann und muss eigene Stärken in die Halbleiterindustrie einbringen“, sagte Hartung.
In Dresden wird die 300-Millimeter-Fertigung deutlich erweitert
Bosch erschließt sich mit seinen Investitionen in die Mikroelektronik auch neue Innovationsfelder. Dazu gehören sogenannte Systems-on-Chip. Damit will das Technologieunternehmen zum Beispiel Radarsensoren, wie sie für die 360-Grad-Umfelderfassung eines Fahrzeugs etwa beim automatisierten Fahren gebraucht werden, kleiner, intelligenter und zugleich kostengünstiger machen. Speziell für die Konsumgüterindustrie arbeitet Bosch an einer Weiterentwicklung seiner mikromechanischen Systeme, kurz: MEMS. Auf Basis dieser Technik entwickeln die Forscher derzeit beispielsweise ein neues Projektionsmodul für Smart Glasses, das in Brillenbügel passt. „Um unsere führende Marktposition in der Mikromechanik weiter auszubauen, wollen wir unsere MEMS-Sensoren in Zukunft auch auf 300-Millimeter-Wafern fertigen. Der Produktionsstart ist für 2026 geplant. Die neue Chipfabrik bietet uns die Möglichkeit zu skalieren – und die wollen wir ausschöpfen“, sagte Hartung weiter.
Siliziumkarbid-Chips aus Reutlingen finden große Nachfrage
Ein weiterer Schwerpunkt von Bosch sind neue Halbleiter-Technologien. In Reutlingen fertigt Bosch seit Ende 2021 Siliziumkarbid-Chips (SiC) in Serie, die in der Leistungselektronik von Elektro- und Hybridautos zum Einsatz kommen. Mithilfe dieser Chips konnte das Unternehmen die Reichweite von Elektroautos bereits um bis zu sechs Prozent steigern. Die Nachfrage nach SiC-Chips ist hoch, die Auftragsbücher bei Bosch voll. Der Markt wächst kräftig weiter – im Jahresschnitt um 30 Prozent. Um die Leistungselektronik noch effizienter und kosten-günstiger zu machen, forscht Bosch schon an weiteren Technologien. „Wir prüfen die Entwicklung von Chips für die Elektromobilität auf Basis von Gallium-Nitrid, wie sie bereits in Ladegeräten von Laptops und Smartphones stecken“, sagte Hartung. Für den Einsatz in Fahrzeugen müssen diese Chips robuster werden und deutlich höhere Spannungen als bislang aushalten, bis zu 1.200 Volt.
Bosch baut Fertigungskapazitäten für Halbleiter konsequent aus
Das Halbleiter-Geschäft ist in den vergangenen Jahren wiederholt ein Investitionsschwerpunkt von Bosch gewesen. Bestes Beispiel dafür ist das im Juni 2021 eröffnete Halbleiterwerk in Dresden. Mit einer Milliarde Euro ist es die bislang größte Einzelinvestition in der Geschichte des Unternehmens. Konsequent erweitert wird das Halbleiterzentrum in Reutlingen. Bis 2025 investiert Bosch dort beispielsweise rund 400 Millionen Euro in den Ausbau der Fertigung sowie den Umbau von Bestands- in neue Reinraumfläche.
In Reutlingen betreibt Bosch seit 50 Jahren Halbleiterfabriken auf Basis der 150- und 200-Milli-meter-Technologie. In Dresden im Zentrum des Silicon Saxony fertigt das Unternehmen seit 2021 Halbleiterchips auf Wafern mit einem Durchmesser von 300 Millimetern. Zu den von Bosch in Reutlingen und Dresden gefertigten Chips gehören anwendungsspezifische Integrierte Schaltungen (ASICs), mikroelektromechanische Systeme (MEMS-Sensoren) sowie Leistungshalbleiter. Von Grund auf neu baut Bosch ein Testzentrum für Halbleiter in Penang, Malaysia. Ab 2023 möchte das Unternehmen dort fertige Halbleiter-Chips und Sensoren testen.