Digitalisierung und Automatisierung verändern die Arbeitswelt in rasantem Tempo. Alle am Bildungsprozess Beteiligten – von der Grundschule bis zur berufsbegleitenden Qualifizierung – müssen die Herausforderung meistern, mit noch höherer Geschwindigkeit neues Wissen anwendungsbereit zu vermitteln und dabei stärker die Möglichkeiten der digitalen Welt zu nutzen.
Für Dr. Holger Naduschewski, Geschäftsführer der Volkswagen Bildungsinstitut GmbH, steht fest, dass in der Bildungslandschaft kaum etwas bleiben kann wie es ist. „Wir brauchen hier einen radikalen Umbau in allen Bereichen. Und wir müssen an Tempo zulegen“, betont er.
Die rund 120 Mitarbeiter am Volkswagen Bildungsinstitut (VW BI) verlieren keine Zeit und haben für ihre Kunden im Automobilbau und der Zulieferindustrie Themenfelder identifiziert, die in den kommenden Jahren verstärkt Einzug halten. Dazu gehören Elektromobilität, neue Werkstoffe und Fügeverfahren, Sensorik, Digitalisierung, Mensch-Roboter-Systeme, virtuelle Inbetriebnahme und Condition Monitoring, um nur einige zu nennen.
Positive Effekte durch virtuelles Lernen
Das Institut verfügt bereits über ein hochmodernes Labor für System- und Hochvolttechnik und ist als einzige Einrichtung in Sachsen seitens der IHK autorisiert, Elektrofachkräfte zu prüfen und zu zertifizieren. Dass IT-gestützte Lerninhalte den Erkenntnis- und Handlungsprozess befördern, belegt das simulationsgestützte Schweißtraining in virtueller Umgebung. Teilnehmer an diesen Kursen bestätigten den positiven Lerneffekt, der zu weniger Fehlern im realen Einsatz führt. Für die Bildungsstätte verringert sich durch ein solches virtuelles System auch der direkte Betreuungsaufwand. „Damit können sich unsere Ausbilder Themen zuwenden, die dringend gebraucht werden, wie neue Konzepte für die Aus- und Weiterbildung von Informatik-, Elektronik-, Automatisierungstechnik- und Roboterspezialisten. Ebenso gewinnen sie Zeit für ihre eigene Qualifizierung, die ebenfalls immer größeren Umfang annimmt“, verweist Dr. Naduschewski auf den inhaltlichen Wandel im eigenen Haus.
Den Mittelstand stärker für die Transformation sensibilisieren
Zu diesem Punkt gehört, die Anforderungen und Inhalte der zukünftigen Berufswelt mit neuen Mitteln zu veranschaulichen und für Schüler, Studenten, Berufsanfänger und Erfahrungsträger erlebbar zu machen. „Dafür planen wir ein digitales Zentrum in unserem Foyer, in dem neue Themen gezeigt und mittels Gamification, dem spielerischen Lernen, Neugier und Begeisterung für die anstehenden Veränderungen in der Arbeitswelt geweckt werden“, informiert der Geschäftsführer über ein aktuelles Projekt.
Das ist für ihn auch ein Ansatz, um mittelständische Unternehmen stärker für die Transformation zu sensibilisieren. Diese Firmen sind oft stark ins Tagesgeschäft eingebunden und haben meist nicht die nötigen Ressourcen, sich strategisch mit dem Thema auseinanderzusetzen. Klassische Metallverarbeiter können beispielsweise neues Geschäft durch die Nutzung von Materialkombinationen finden oder Interieurproduzenten durch die automatisierte Integration neuer Funktionalitäten. „Wir dürfen nicht zulassen, dass hier Entwicklungen an den kleineren Unternehmen vorbeigehen und konzipieren deshalb unsere Angebote passgenau für deren Bedürfnisse“, ermuntert Dr. Naduschewski speziell diese Klientel, die Leistungen des Instituts bei den Transformationsprozessen zu nutzen.
Wandel in der Schulbildung notwendig
Einen Wandel fordert er im Bereich der schulischen Bildung. Hier schlägt er einen Mix aus klassischem Unterricht vor, in dem das Schreiben per Hand und das Rechnen per Kopf nicht fehlen dürfen, kombiniert mit Selbstlernphasen, in denen die Schüler gezielt digitale Medien nach dem Gamification-Prinzip zu Wissenserwerb bzw. -vertiefung nutzen. Mit einem solchen Vorgehen ließe sich außerdem das Thema Lehrermangel entschärfen, denn in der Zeit des Selbstlernens könne der Lehrer eine andere Klasse betreuen. Voraussetzung für ein solches Szenario sind neben dem Equipment Lehrpläne und ein methodisch-didaktisches Vorgehen, dass die Lehrer in die Lage versetzt, auf neuem Niveau zu unterrichten. Gleiches gilt für den Bereich der Berufsschulausbildung. Auch an Universitäten und Hochschulen ist ein Wandel hin zu einer modernen Lehre notwendig. Diese Aufgaben müssen schnell und mit dem nötigen finanziellen Investment angegangen werden.
„Letztendlich brauchen wir in jeder Phase der Bildung Vorgehensweisen, die handlungsorientiertes Wissen in Kombination mit unserem Wertesystem vermitteln und beitragen, Fähigkeiten wie Bereitschaft zu Improvisation und Veränderungen, aber auch zum kritischen Hinterfragen von Neuerungen und deren angestrebten Wirkungen auszuprägen“, betont der Geschäftsführer des Volkswagen Bildungsinstitutes.