Lithium und Flussspat sind wesentliche Ausgangsmaterialien für die Herstellung von E-Auto-Batterien. Sachsen besitzt diese Rohstoffe. Deren Menge beträgt im weltweiten Vergleich zwar nur einen Bruchteil, doch angesichts des Hochlaufs elektrifizierter Antriebe und vor dem Hintergrund größerer Unabhängigkeit von marktbeherrschenden Anbietern lohnt sich die Erschließung und Aufbereitung. Das wurde bei einer Rohstofftour mit dem sächsischen Wirtschaftsminister Martin Dulig Anfang Oktober deutlich. Die Achse Oberwiesenthal, Aue, Altenberg, Zinnwald und Dohna bei Dresden spielt dabei eine maßgebliche Rolle.
Eine Lithium-Ionen-Batterie besteht zu zehn Prozent aus Elektrolyten. Darin sind wiederum zehn bis dreizehn Prozent Lithiumfluorid-Verbindungen enthalten, wovon der Fluor-Anteil bei 75 Prozent liegt. Bei einem durchschnittlichen Batteriegewicht von 500 Kilogramm geht es immerhin um fünf Kilogramm dieser Elektrolyt-Bestandteile pro Fahrzeug, der zukünftig auch von der Fluorchemie Dohna kommt, rechnet Geschäftsführer Harald Werner vor.
Kurze Wege vom Spat zum Fluorid
Die Fluorchemie-Gruppe verfügt über eigene Rohstoffquellen, um die benötigte Fluorwasserstoffsäure, auch Flusssäure genannt, in Dohna auf kurzen Wegen herzustellen. Neben einem Fluss- und Schwerspat-Bergwerk in Thüringen besitzt die Gruppe das 2013 in Betrieb gegangene Fluss- und Schwerspat-Bergwerk in Niederschlag bei Oberwiesenthal und gewinnt dort u. a. Flussspat, der in Aue aufbereitet wird und von dort zur Weiterverarbeitung nach Dohna kommt. Gruppen-Geschäftsführer Thomas Leypold verweist darauf, dass der heutige Anteil von 40 bis 50 Prozent Aue Spat zukünftig auf 80 bis 100 Prozent steigen soll. Die jährliche Produktionsmenge an Flusssäure beträgt ca. 30.000 Tonnen. Damit könne man die Akkus von 7,5 Millionen E-Fahrzeugen versorgen, allerdings blieben dann keine Produkte mehr für die Bedarfe anderer Branchen übrig.
Weil Fluorit, wie Flussspat auch bezeichnet wird, genauso wie Lithium beim weiteren Wachstum der E-Mobilität zu einem knappen und auch teureren Gut wird, plant die Fluorchemie-Gruppe in Dohna umfangreiche Investitionen, u. a. in eine neue Schwefelsäurefabrik. Auch der Konzernsitz, der jetzt noch in Kronberg im Taunus ist, soll nach Sachsen umziehen. Vorgesehen sind weiterhin der Bau eines Forschungszentrums sowie von Labor, Büros und Lager. Rund 150 Millionen Euro umfasst das für die nächsten drei bis vier Jahre vorgesehene Invest-Programm, für das Thomas Leypold auch auf Unterstützung des Freistaates hofft, z. B. mit einer Landesbürgschaft.
Lithiumabbau etwa ab 2025
In etwa vier Jahren kann dann auch das benötigte Lithiumprodukt auf kurzem Weg nach Dohna kommen. Bereits seit 2010 arbeitet die heutige Deutsche Lithium GmbH an der Exploration der Lagerstätte in Zinnwald an der deutsch-tschechischen Grenze. Geschäftsführer Prof. Armin Müller leitet das Vorhaben von Anfang an. Etwa 13 bis 15 Jahre dauert solch ein Aufschluss-Projekt. Ca. 2025 werde man mit dem Betrieb starten können. „Das passt mit der weiter steigenden Nachfrage nach Lithium zusammen“, betont er.
Vorrat für 20 Millionen E-Autos
Das lithiumhaltige Gestein wird in Zinnwald aus dem Berg geholt. Lkw transportieren es auf einer unterirdischen Rampe zur Aufbereitung übertage, die nebenan in Altenberg geplant ist. Untersucht wurde auch eine Förderung per Band, die sich jedoch als nicht wirtschaftlich erwies. In der Aufbereitung wird das Erz gemahlen. Magneten trennen die Quarzbestandteile von den Lithiumkörnchen. Die bereits erfolgten 23 Bohrungen bis in 200 bis 300 Metern Tiefe haben ergeben, dass sich rund 125.000 Tonnen Lithium in der Lagerstätte befinden. „Das reicht für ca. 20 Millionen E-Autos“, erklärt Prof. Müller. Mit dem Vorrat kann das Bergwerk rund 30 Jahre wirtschaftlich betrieben werden.
Oben die Besucher, unten die Bergwerker
Noch höher wäre der Nutzen, wenn auch das etwa doppelt so große Vorkommen auf tschechischer Seite mit erschlossen würde. Eine Zusammenarbeit ist hier nicht einfach zu organisieren. Wirtschaftlich sinnvoll sei auf jeden Fall, von dem zuerst aufgeschlossenen Bergwerk den gesamten Lithiumvorrat abzubauen. Die Deutsche Lithium profitiert bei ihrem Projekt sowohl von den geologischen Erkundungen, die bereits in den 1970er und 1980er Jahren in dem Areal geleistet wurden, als auch von den generellen Bergbauaktivitäten in der Region. In Altenberg wurde mehr als ein halbes Jahrtausend Erz, vor allem Zinn, abgebaut. Dem 1686 aufgeschlossenen Tiefen Bünau-Stollen in Zinnwald-Georgenfeld kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Er war der wichtigste Stollen für alle Zinnwalder Reviere und damit die Lebensader für das Bergbaugeschehen beiderseits der Landesgrenze. Heute ist er als Besucherbergwerk eine touristische Attraktion in der Region und künftig zugleich das „Dach“ für das Lithium-Bergwerk. Während sich oben Interessenten zum Bergbau der Altvorderen informieren, wird darunter ein wichtiger Rohstoff für eine nachhaltige Mobilität gewonnen.