Wie sieht die Zukunft der Logistik aus? Antworten auf diese Frage suchen die IAV GmbH, Porsche Leipzig, Schnellecke Logistics, Volkswagen Sachsen sowie das Netzwerk Automobilzulieferer Sachsen AMZ im Forschungsprojekt eJIT. Ein überzeugendes Zwischenresultat stellten die Partner am 21. Juni 2017 bei der IAV Stollberg vor – in Gestalt eines 40-Tonnen-Sattelaufliegers.
Das Fahrzeug ist einer von zwei Prototypen, die bis Ende 2018 auf ihre Alltagstauglichkeit im Werk Zwickau der Volkswagen Sachsen GmbH bzw. im Porsche Werk Leipzig getestet werden. Seit Anfang 2016 arbeiten die Projektpartner gemeinsam an der Elektrifizierung von Lkw, um Lärm und Emissionen an Automobil-standorten zu reduzieren. Auf eine Neuentwicklung von Spezialfahrzeugen wurde bewusst verzichtet. Die IAV brachte ihr langjähriges Know-how in Sachen Batterietechnik ein und baute zwei Sattelzüge mit elektrischen Antrieben und Batterien auf. Die Lkw fahren vollelektrisch und sind somit ein Novum, denn bislang galt die Elektrifizierung des Schwerlasttransports als nicht umsetzbar. Dabei sollen die Stromer dem Leistungsvergleich mit Diesel-Lkw durchaus standhalten. Bei der Entwicklung wurden keine Kompromisse gemacht. Die E-Lkw erreichen eine Geschwindigkeit von 85 km/h und haben eine Reichweite von 70 Kilometern. Sie fügen sich in den Verkehrsfluss ein und stellen kein Hindernis für andere Verkehrsteilnehmer dar. Sie meistern anspruchsvolle Streckenprofile ebenso wie engen Stadtverkehr.
Eine intelligente Ladetechnik ist ebenfalls gegeben. Die Batterieladung in Zwickau erfolgt während des zehnminütigen Stopps an der Verladerampe im laufenden Betrieb per DC-Schnellladung mit 150 kW Leistung. Die Ladestation wurde bereits am 1. Juni in Betrieb genommen. Im Porsche Werk Leipzig erfolgt die Batterieladung während planmäßiger Wartezeiten im Prozess mehrfach pro Schicht.
Auch beim Ladeprozess gibt es Hürden wie Andreas Wächtler, Netzwerkmanager AMZ und Projektleiter eJIT, erklärte. So besteht eine Schwierigkeit darin, das Lademanagement zwischen Station und Fahrzeug passgenau abzustimmen. Die Ladekapazität ist auf Kurzstrecken ausgelegt, was dem geplanten Einsatz im regionalen Pendelverkehr der Automobilhersteller und -zulieferer entspricht. Ziel ist es, eine Gesamtlösung zu entwickeln. Diese soll den hohen Ansprüchen einer modernen Just-In-Time-Logistik mit ihrer wachsenden Komplexität und steigenden Vernetzung mit einem nachhaltigen, emissionsarmen Konzept gerecht werden und zwar zu 100 Prozent.
Nächster Schritt: Hochautomatisiert fahren
Im zweiten Schritt erhalten die Lkw im kommenden Jahr weitere Features wie Sensorbausteine, Software-, Hardware- und Aktorikkomponenten. Das Fahrzeug für das Porsche Werk Leipzig wird von 2018 an hochautomatisiert fahren. Für den Zwickauer Lkw ist ein automatisiertes Rangiersystem zum Andocken an die Verladerampen geplant. Mit der Automatisierung soll die Sicherheit unterstützt und die Fahrer entlastet sowie die Ladevorgänge präzisiert werden.
Aus dem 24/7-Praxiseinsatz unter realen Bedingungen sollen Erkenntnisse zu Infrastruktur sowie zur Elektrifizierung und zur wirtschaftlichen Machbarkeit gewonnen werden. Die Kostenfaktoren spielen eine große Rolle, um nachhaltige Geschäftsmodelle zu entwickeln.
Mit der Idee der vollelektrischen Logistik stößt eJIT bereits auf reges Interesse. Zur diesjährigen Hannover Messe war der Prototyp ein Highlight. Ca. 800 Interessenten informierten sich über das Konzept, die Hälfte davon aus dem Ausland.
Das Projekt ist Teil des Technologieprogramms „Informations- und Kommunikationstechnik für Elektromobilität III: Einbindung von gewerblichen Elektrofahrzeugen in Logistik-, Energie- und Mobilitätsinfrastrukturen“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie.