Das Automobilzuliefernetzwerk AMZ konstatiert bei den Branchenunternehmen in Sachsen Rückgänge bei Umsatz und Beschäftigung in 2019 gegenüber 2018. Gleichzeitig sehen die Firmen mittelfristig gute Prognosen für Stabilität und Wachstum. Wesentliche Voraussetzung dafür ist die deutliche Verbesserung der Rahmenbedingungen für Automobilzulieferer in Sachsen.
Die Konjunkturschwäche der Automobilindustrie bekommen auch die sächsischen Zulieferer zu spüren. Etwa die Hälfte der Unternehmen (53 Prozent) konstatiert für 2019 rückläufige Umsätze im Vergleich zum Vorjahr. Gleichzeitig prognostizieren 85 Prozent mittelfristig Stabilität bzw. Wachstum für ihre Firmen. Zu diesen Ergebnissen kommt das aktuelle AMZ-Branchenmonitoring vom Herbst 2019. Parallel dazu hat das Netzwerk den 1. Zukunftsdialog zum Automobilbau in Sachsen angestoßen, um die dringend notwendige Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Branche auf die Tagesordnung der Landespolitik zu bringen.
Die sinkenden Umsätze wirken sich auf die Beschäftigung aus. So haben 49 Prozent der Unternehmen Personal abgebaut. 22 Prozent berichten dagegen von der Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze. „Die Situation ist sehr heterogen und davon abhängig, in welchem Teilebereich der Zulieferer tätig ist. So sind Hersteller klassischer Antriebskomponenten stärker vom Strukturwandel betroffen als Produzenten in anderen Segmenten. Generell gehen die Firmen von einer etwa zwei- bis dreijährigen harten Umbruchphase aus. Ein übergroßer Teil von ihnen sieht mittelfristig gute Perspektiven. Dafür spricht, dass 69 Prozent der Unternehmen Investitionen an ihren Standorten planen“, informiert AMZ-Netzwerkmanager Andreas Wächtler.
Herausforderung Personal
Als größte Herausforderung nennen die Zulieferer die Verfügbarkeit des benötigten Personals (30 Prozent), gefolgt vom Wandel zur Elektromobilität (22 Prozent). Letztgenannter Punkt ist jedoch im Betriebsalltag schon angekommen, denn 72 Prozent der Unternehmen haben bereits Aufträge für die Lieferung von Komponenten für E-Fahrzeuge. Etwa jeder fünfte Zulieferer sieht es als vordringliche Aufgabe an, sein Produktspektrum zu erweitern. Bezüglich der Geschäftsgebaren ihrer Hausbanken oder weiteren Partner in Finanzierungsfragen spüren die meisten Unternehmen bislang wenig Veränderungen. 26 Prozent berichten von einer erhöhten Nachfrage nach Kennzahlen.
Alarmzeichen Rahmenbedingungen
Damit die aktuell schwierige Branchensituation den Produktionsstandort Sachsen nicht nachhaltig schädigt, mahnen 13 Prozent der Firmen ausdrücklich die Gestaltung attraktiver Rahmenbedingungen an. Dieses Thema hat das AMZ-Management bereits im Vorfeld des Branchenmonitorings in 70 Unternehmensgesprächen vom inhabergeführten Mittelständler bis zur Konzerntochtergesellschaft diskutiert. Die Firmen bilden dabei vom Serienfertiger über den Maschinen- und Anlagenbau bis zum Engineering-Dienstleister die gesamte automobile Wertschöpfungskette ab. „Auf die Frage, ob eine Standortentscheidung heute ebenso wie vor 20 Jahren für Sachsen ausfallen würde, verneinten die Verantwortlichen häufig. Als Grund dafür wird unisono genannt, dass sich die Rahmenbedingungen für eine Produktion in Sachsen verschlechtert haben und den Entwicklungen in Europa hinterherlaufen. Das ist ein Alarmzeichen“, betont AMZ-Netzwerkmanager Dirk Vogel.
1. Zukunftsdialog formuliert
Die Ergebnisse aus den Unternehmensgesprächen haben die Akteure im September 2019 in einem Workshop zusammengefasst und daraus den 1. Zukunftsdialog zum Automobilbau in Sachsen formuliert. Das Dokument wurde den zukünftig in Sachsen regierenden Parteien bereits zu den Koalitionsverhandlungen zugearbeitet.
In dem Positionspapier sind die Voraussetzungen fixiert, die es braucht, um die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Unternehmen nachhaltig zu sichern. Dazu müssen infrastrukturelle Defizite in den Bereichen Breitband und Nahverkehr, Lade-Netz und Flächenbereitstellung ebenso beseitigt werden wie aufgeblähte Bürokratie bei Förderinstrumenten, die im europäischen Vergleich viel zu hohen Energiekosten sowie massive Probleme mit unkalkulierbaren Kostensteigerungen, beispielsweise bei Energie oder Mindestlohn. „Solche Kostensteigerungen sind höchst problematisch. Verträge im automobilen Seriengeschäft werden meist mit einem Vorlauf von zwei Jahren über Zeiträume bis zu sieben Jahren geschlossen. Verändern sich innerhalb dieser Vertragszeiträume die Kostenstrukturen in unerwarteter Art und Weise, geraten die Zulieferer in Schwierigkeiten“, umreißt Dirk Vogel das Problem.
Rekrutierung internationaler Fachkräfte
Für die Unternehmen ist neben Energie und Förderung das Personal der Faktor, der über Investitionen in neue Produkte und Produktion entscheidet. Bis zu 280.000 arbeitsfähige Personen wird Sachsen bis zum Jahr 2030 weniger haben als jetzt, prognostizieren verschiedene Fachkräfteallianzen. „Allein mit dem sächsischen Nachwuchs werden die zukünftigen Bedarfe nicht zu decken sein. Wir sehen deshalb den gezielten Zuzug ausländischer Mitarbeiter als notwendig an und erarbeiten konkrete Instrumente zur Identifikation, Rekrutierung und Integration internationaler Fachkräfte“, erläutert Andreas Wächtler.
Für die Unternehmen ist neben Energie und Förderung das Personal der Faktor, der über Investitionen in neue Produkte und Produktion entscheidet. Bis zu 280.000 arbeitsfähige Personen wird Sachsen bis zum Jahr 2030 weniger haben als jetzt, prognostizieren verschiedene Fachkräfteallianzen. „Allein mit dem sächsischen Nachwuchs werden die zukünftigen Bedarfe nicht zu decken sein. Wir sehen deshalb den gezielten Zuzug ausländischer Mitarbeiter als notwendig an und erarbeiten konkrete Instrumente zur Identifikation, Rekrutierung und Integration internationaler Fachkräfte“, erläutert Andreas Wächtler.
Neben der Verbesserung der Standortfaktoren im europäischen Wettbewerb und der Beseitigung des Personalmangels sehen die Akteure des Zukunftsdialogs in der Stärkung der Produktentwicklung, der Unterstützung großer Mittelständler sowie der umweltverträglichen Gestaltung von Wertschöpfungsketten weitere Stellschrauben, um die sächsischen Automobilzulieferer zukunftsfähig aufzustellen. Auf Basis einer entsprechenden Strategie sollen konkrete Maßnahmen entwickelt und umgesetzt sowie in regelmäßigem Monitoring und in Dialogformaten kommuniziert, reflektiert und auf ihre Wirkung hin bewertet werden.
Stichwort AMZ
Die 158 Mitglieder (Stand Oktober 2019) repräsentieren einen Umsatz von insgesamt 2,275 Milliarden Euro und mehr als 15.600 Arbeitsplätze. Sie sind an 688 Standorten in Deutschland und 580 Standorten im Ausland aktiv. Neben Zulieferern gehören ebenso Maschinenbauer, Industriedienstleister sowie Institutionen aus der automobilen Forschung und Entwicklung zum Netzwerk. AMZ generiert durch Fach- und Brancheninformationen und der Zusammenarbeit in konkreten Projekten bei den Mitgliedern eine Steigerung der Innovationsfähigkeit und -geschwindigkeit, schafft Kundenzugänge und minimiert Marktrisiken. AMZ ist Kern der insgesamt 815 sächsischen Unternehmen, die Wertschöpfung für die Automobilindustrie erbringen.
Die Ergebnisse des AMZ-Branchenmonitorings zusammengefasst (PDF)