Der Weg zum autonomen Fahren ist nicht einfach. Aber es lohnt sich, ihn in Angriff zu nehmen. Jetzt. Denn mit dieser Mobilitätsform lassen sich viele heutige Probleme lösen. Für Wirtschaft und Bevölkerung gleichermaßen. Das ist eine Quintessenz aus dem Policy Lab „Autonomes Fahren“. Auf Einladung des ITAS-Teams der IHK Chemnitz diskutierten Automobilexperten, Landräte und Vertreter der Wirtschaftsförderungen im Kammerbezirk dieses Thema.
Ein ÖPNV, der nach Bedarf und nicht nur nach Linientaktung funktioniert? Der bereitsteht, wenn die Nachtschicht zu Ende ist oder der Frühzug erreicht werden muss? Personen- und Gütertransporte, die kontinuierlich laufen und dabei unabhängig von der Verfügbarkeit von Bus- oder Lkw-Fahrern sind? Autonomes Fahren kann einen wichtigen Beitrag gegen den Fachkräftemangel und zu einem bedarfsgerechten Verkehr insbesondere in ländlichen Regionen leisten.
Udo Wehner vom Netzwerk Automobilzulieferer Sachsen AMZ stellte Projekte vor, die in Sachsen bereits punktuell funktionieren. Dazu gehören das Flash-Projekt in Nordsachsen, das Absolut-Projekt in Leipzig sowie das ErzMobil Zwönitz im Chemnitzer IHK-Kammerbezirk. Ebenfalls im Kammerbezirk angesiedelt war eine Nutzerstudie für einen selbstfahrenden Shuttleverkehr während eines einwöchigen Events.
Politischer Wille und neue Verkehrskonzepte gefragt
Aus diesen und vielen weiteren Projekten in Deutschland zieht der erfahrene Fahrzeugentwickler eine wesentliche Erkenntnis: Autonomes Fahren als höchste Stufe des automatisierten Fahrens rentiert sich nur, wenn eine Skalierung erfolgt. Einzelprojekte, die lediglich eine Teststrecke bedienen, sind meist zum Scheitern verurteilt, weil zu teuer. Skalierung wiederum braucht zwei wesentliche nicht-technische Voraussetzungen. Das ist zum einen der politische Wille aller Verantwortungsträger einer Region zur Zusammenarbeit über enge kommunale und Landkreis-Grenzen hinweg. Zum zweiten sind völlig neue Verkehrskonzepte notwendig, welche die bisherigen evolutionären Vorgehensweisen aufbrechen, so Wehner. Gefragt ist das Denken in kompletten Mobilitätsketten von der Haustür bis zum Ziel und wieder zurück. Autonom fahrende Shuttle können hier die heute fehlenden Kettenglieder im ÖPNV sein.
Die Betriebsbereiche dafür festzulegen, funktionsfähig zu gestalten und abzustimmen, ist Aufgabe der Kommunal- und Regionalverwaltungen. Die anwesenden Landräte Dirk Neubauer, Landkreis Mittelsachsen, und Carsten Michaelis, Landkreis Zwickau, zeigten sich sehr aufgeschlossen, dieses Thema voranzutreiben. Als Vorteil sehen sie, dass die Regionen Zwickau, Chemnitz, Erzgebirge und Mittelsachsen in einem Verkehrsverbund integriert sind.
Aus Werksverkehren für den ÖPNV lernen
Neben dem ÖPNV-Ansatz für das autonome Fahren nehmen Akteure in Südwestsachsen bereits den privaten Ansatz in Angriff. Im Landkreis Zwickau mit dem VW-Werk und zahlreichen Zulieferern untersuchen sie u. a., wie Werksverkehre fahrerlos zu gestalten sind. Über solche im Wesentlichen nichtöffentliche Ansätze lasse sich der Weg zum autonomen Fahren schneller ebnen, so AMZ-Netzwerkmanager Andreas Wächtler. Daraus könne man Erkenntnisse gewinnen, die dann auch für öffentliche Infrastrukturen relevant seien.
Wirtschaft der Region mit vielen Kompetenzen für autonomes Fahren
Auf eine weitere wesentliche Voraussetzung, die in der Region vorhanden ist, wies Patrick Korn hin. Der ITAS-Projektleiter bei der IHK Chemnitz unterstrich, dass hiesige Unternehmen viele Leistungen für das autonome Fahren und dahinter liegende Verkehrskonzepte von der Planung über das Engineering bis zur Fertigung erbringen können. Das Fazit des Policy Labs: Im Schulterschluss von Wirtschaft und Verwaltungen kann autonomes Fahren zum Lösen vieler Probleme beitragen, um eine Region zukunftsfest aufzustellen. Ganz im Sinne des ITAS-Transformationsprozesses.