Mit einer neuen Anlage zum Hohlprägewalzen wollen Forschende des Fraunhofer IWU die Herstellung von Bipolarplatten revolutionieren. Die BPPflexRoll soll die Fertigung dieser Schlüsselkomponenten für Brennstoffzellensysteme kostengünstiger machen und eine Massenproduktion ermöglichen. Das Fraunhofer IWU zeigt eine Anlagenkomponente sowie gefertigte Bipolarplatten auf der Hannover Messe vom 22. bis 26. April 2024.
Gemeinsame Entwicklung von Fraunhofer IWU und Profiroll Technologies
Wasserstoff-Brennstoffzellen besitzen einen hohen Wirkungsgrad. Sie nutzen Wasserstoff und Sauerstoff, um Strom zu produzieren und damit etwa umweltfreundliche Fahrzeuge anzutreiben. Elektrolyseure kehren diesen Vorgang um. Sie spalten Wasser mit Hilfe elektrischer Energie in Wasserstoff und Sauerstoff. Beide Systeme benötigen Bipolarplatten (BPP). Das Problem: Derzeit verhindert die teure Herstellung der Platten die Anwendung der Wasserstofftechnologie und somit beispielsweise den breiten und kostengünstigen Einsatz von Brennstoffzellenfahrzeugen mit Wasserstoffantrieb. Erst durch eine günstigere Serienfertigung der Kernkomponente lässt sich dieses Potenzial heben. Mit der BPPflexRoll hat das Fraunhofer IWU Chemnitz gemeinsam mit der Profiroll Technologies GmbH eine prototypische Anlage zum Hohlprägewalzen entwickelt. Die Fertigungslinie befindet sich am Fraunhofer IWU im Einsatz. Sie verfügt bereits über eine Steuerungstechnik und ein Bedienkonzept, die in wesentlichen Punkten einer industriellen Anlage entsprechen. Die Anlage besteht aus drei Walzgerüsten und benötigt eine Aufstellfläche von 4500 mm x 3300 mm.
Herstellungskosten für Bipolarplatten halbieren
Die Ursachen für die hohen Kosten der metallischen BPP liegen unter anderem in der diskontinuierlichen Batch-Fertigung. „Bipolarplatten bestehen aus jeweils zwei Edelstahl-Halbplatten, auf die in einem diskontinuierlichen Umformungsprozess Strukturen für den Gasfluss und die Wärmeabfuhr geprägt und die dann gefügt werden. Unser Hohlprägewalzverfahren hat das Potenzial, diese diskontinuierlichen Prozessketten bzw. Fertigungsschritte durch ein kontinuierliches Verfahren abzulösen, das ohne Verfahrenspausen auskommt und damit eine hohe Stückzahlausbringung erlaubt“, erläutert Stefan Polster. Er leitet die Gruppe „Blechbearbeitung und Werkzeugauslegung“ am Fraunhofer IWU. „Ein Vorteil des Hohlprägewalzens sind insbesondere die höheren Prozessgeschwindigkeiten. Pro Minute lassen sich bis zu 120 BPP-Halbplatten fertigen“, bekräftigt Robin Kurth, Gruppenleiter für Umformmaschinen am Fraunhofer IWU. Durch die Umstellung des Herstellungsverfahrens wollen die Forschenden die Herstellungskosten für die BPP halbieren.
Kleinere, kostengünstigere und flexiblere Anlagentechnik
Mit der neu entwickelten Technologie wird die Struktur der Bipolarplatte mit Hilfe eines Walzenpaars geprägt. Durch dieses läuft das dazwischen eingespannte, hauchdünne Metallband kontinuierlich. Eine Umformwalze ist als Stempel, die andere als Matrize definiert. Da die Walzen zum Ausformen der Strömungskanäle mit dem Werkstück annähernd nur einen Linienkontakt haben, können die Prozesskräfte durch die schrittweise Umformung im Vergleich zum konventionellen Hohlprägen durchschnittlich um den Faktor 10 reduziert werden. Dies führt zu einer kleineren, kostengünstigeren Anlagentechnik. Ein weiterer Vorteil der Anlage liegt in ihrer Flexibilität: Die Anzahl der erforderlichen Walzensätze lässt sich in Abhängigkeit der Bipolarplattengeometrie individuell anpassen.
Kognitive Umformmaschine mit integriertem Monitoringsystem
Mit der neuen Versuchsanlage gehen die Forschenden auch einen wichtigen Schritt in Richtung kognitiver Umformmaschinen, die sich mittels Sensorik und intelligenter Algorithmen selbst überwachen und steuern können. „Anders als bei bisherigen Anlagen überprüfen wir künftig die Qualität der BPP im laufenden Prozess, indem wir die Prozessparameter mit Sensoren erfassen, zusammenführen und korreliert analysieren können“, sagt Robin Kurth. Die Datenverarbeitung und -nutzung erfolgt dann über Cloudlösungen. Erste mit der Anlage produzierte Bipolarplatten testet bereits das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg in Brennstoffzellen.