Blockchain-Technologien nutzen bisher vor allem Unternehmen größer als 500 Mitarbeiter in den Bereichen Finanzen/Controlling und Logistik. Was können solche dezentralen und fälschungssicheren Datenbanken für die Mobilität leisten? Diesem Thema widmete sich der IVS-Sonderstammtisch der Sächsischen Energieagentur SAENA am 15. Oktober 2020 in Mittweida.
Der Ort war bewusst gewählt, denn Stadt und Umland bilden die Blockchain-Schaufensterregion Mittweida. Die Hochschule Mittweida und die Volksbank Mittweida realisieren gemeinsam mit der Kommune ein Vorhaben im WIR!-Programm vom Bundesforschungsministerium. WIR steht für Wandel durch Innovation in der Region. Rund 5,5 Millionen Euro stehen dafür bis Ende 2023 zur Verfügung. Neun konkrete Umsetzungsprojekte gibt es bisher. Eines davon setzt auf Blockchain-Technologien, um geteilte emissionsfreie Mobilität (sharing mobility) für jedermann sicht- und erlebbar in die Praxis zu bringen. Unter der Überschrift „Mobility4ALL – Mobilität weiterdenken in Mittweida“ stellten Prof. Dr. Alexander Knauer und René Härtel von der Hochschule Mittweida das Modell einer regionalen Mobilitätsgenossenschaft vor. Dabei sollen elektrische Fahrzeuge wie Autos, Fahrräder oder Roller gemeinsam genutzt und automatisiert sowie bedarfsgerecht bereitgestellt werden. Das gilt sowohl für Genossenschaftsmitglieder als auch für Nichtmitglieder, für Privatpersonen, Unternehmen und öffentliche Einrichtungen. „Insbesondere regionale Unternehmen oder städtische Eigenbetriebe können erstmals Zugang zu Sharing-Diensten erhalten und schrittweise ihre eigene Fahrzeugflotte reduzieren“, so Prof. Knauer. Über eine dezentrale Plattform werden die Fahrzeuge bequem per App ausgeliehen.
Die Blockchain-Technologie soll die Akzeptanz und die Kosten solcher Sharing-Dienste verbessern. Eine besondere Rolle nimmt die digitale Identität der Fahrzeuge ein. Alle relevanten Prozesse – von der Registrierung über die Nutzung bis hin zur Wartung – sollen mit Hilfe von Smart Contracts (intelligenten Verträgen), die in der Blockchain-Technologie verankert sind, automatisch ausgelöst und zuverlässig ausgeführt werden. Das Fahrzeug wird zudem in der Lage sein, aktiv Stillstände zu melden und vorherzusagen.
Dieses Konzept bringt zahlreiche Vorteile mit sich. Neben der Umweltfreundlichkeit spielt auch die bessere Auslastung von Fahrzeugen eine große Rolle. Sowohl Firmen als auch Privatpersonen profitieren vom Einsatz der Fahrzeuge. Diese könnten von Studierenden an Wochenenden genutzt werden, für Familien als Zweitwagen, für Tagesausflüge, aber auch die Nutzung durch Senioren, die für den Einkauf auf feste Buszeiten angewiesen wären, ist denkbar. Alexander Knauer: „Für eine nachhaltige Etablierung des Konzepts soll im Anschluss an den Förderzeitraum eine Mobilitätsgenossenschaft in Mittweida gegründet werden.“ Für eine zusätzliche regionale Verankerung sollen weitere Unternehmen aus der Region, z. B. Freizeiteinrichtungen, Gastronomie oder Einkaufsmärkte, involviert werden. Die Partner können von einem höheren Kundenpotenzial und die Nutzer von attraktiven Zusatzangeboten profitieren. Als Dankeschön für den Besuch können z.B. Freikilometer gutgeschrieben werden.