Das Thema Mobilität dominierte den Sommertreff der sächsischen Wirtschaft am 3. September 2020. Das lag zum einen an der Örtlichkeit, dem August Horch Museum in Zwickau, und der aktuell im benachbarten Audi-Bau stattfindenden 4. Landesausstellung zur Industriekultur Sachsens; zum anderen an den hochkarätigen Interviewgästen aus der Automotive-Branche und nicht zuletzt an den vielen Gästen aus der sächsischen Wirtschaft, von denen fast jeder einen geschäftlichen Bezug zur Automobilindustrie oder Mobilitätsbranche hat.
Herzlich begrüßter Ehrengast war der ehemalige Vorstandsvorsitzende des VW-Konzerns, Prof. Dr. Carl H. Hahn. Im Interview mit Dirk Vogel, Geschäftsführer des Sommertreff-Mitveranstalters RKW Sachsen GmbH und verantwortlich für das Netzwerk Automobilzulieferer Sachsen AMZ, betonte der 94-jährige ehemalige Automobilmanager, dass das Auto seine Rolle als Prestigeobjekt verliere und sich mit dem Trend zur E-Mobilität zum normalen, vereinfachten und erschwinglichen Konsumgut wandele. Die damit einhergehenden Veränderungen in der gesamten Wertschöpfungskette bezeichnete er als „dramatisch“. Damit Deutschland sich weiter als Auto- bzw. Industrieland behaupten könne, brauche es zuallererst eines: eine hochausgebildete Bevölkerung. Hier habe man in der Vergangenheit viel verspielt. Deutsche Schulen, deutsche Universitäten schneiden heute im internationalen Vergleich miserabel ab, so der Ex-Industriemanager, der sich seit rund drei Jahrzehnten stark für eine frühkindliche Bildung engagiert und dafür u. a. die Saxony International School ins Leben gerufen hat. Kinder ab drei Jahren lernen spielend. Sie saugen neues Wissen mit der 50-fachen Geschwindigkeit eines Erwachsenen-Gehirns auf, informierte Prof. Hahn. Dass China in nur vier Jahrzehnten zur Nummer 1 der weltweiten Automobilindustrie aufgestiegen sei, liege an einer hervorragenden, auf Wettbewerb ausgerichteten Bildung.
Die Fähigkeiten und Fertigkeiten der Menschen waren es auch, die Sachsen seit dem ersten Berggeschrei zu einem Industrieland wachsen ließen. Davon konnten sich die Gäste des Sommertreffs bei einem Rundgang durch die zentrale Schau der 4. Landesausstellung im Audi-Bau sowie bei der Sonderschau „AutoBoom“ im Horch Museum überzeugen.
Was sächsische Entwickler und Zulieferer der Automobilindustrie bewegt, darüber berichteten Karsten Schulze, Geschäftsführer der FDTech GmbH Chemnitz, und Ronald Gerschewski, Geschäftsführer der IndiKar GmbH Wilkau-Haßlau, im Gespräch mit Dirk Vogel. IndiKar ist auf automobile Sonderlösungen wie Sonderschutzfahrzeuge sowie Konzepte für neue Mobilität spezialisiert. Aufgrund der individuellen Aufgaben habe das Unternehmen Corona-bedingte Einbrüche nicht so stark gespürt wie das bei Serienlieferanten der Fall ist. FDTech als Entwickler assistierter und automatisierter Fahrfunktionen war davon deutlich mehr betroffen, konnte aber mit dem 1. August vom Kurzarbeits- wieder in den Vollbeschäftigungs-Modus wechseln. Um zukunftsfähig zu bleiben, sind neben den eigenen Leistungen des Unternehmens auch die richtigen Rahmenbedingungen wichtig. Die Flexibilität und Geschwindigkeit, welche die aktuellen Veränderungsprozesse brauchen, sind mit den heutigen Verwaltungsstrukturen nicht zu stemmen, betonten die Geschäftsführer. Auch die Wirtschaft müsse sich hier noch mehr zusammenfinden und damit schlagkräftiger werden. Wie das gehen kann, demonstrieren FDTech und vier weitere Chemnitzer Firmen. Sie haben sich in der Chemnitz Automated Driving Alliance (CADA) zusammengeschlossen, um die Kompetenzen für das automatisierte Fahren wirksam nach außen zu bringen.
Über das Netzwerk CADA konnten sich die Besucher des Sommertreffs auch in der begleitenden Ausstellung informieren. Dort präsentierten sich auch Germens artfashion, die Grenke AG, JobsNavi, die Strategieberatung Priebe, der Wachstumsfonds Mittelstand Sachsen und das Zukunftszentrum Sachsen.
Veranstalter des Sommertreffs waren das RKW Sachsen, der Industrieverein Sachsen 1828 und der Innovationsverbund Maschinenbau Sachsen VEMASinnovativ.