Klimafreundlichere Batteriegehäuse für E-Autos

Klimafreundlichere Batteriegehäuse für E-Autos
Aluminiumschaumsandwich-Bodenpanel mit integrierter Kühlstruktur. Die Komponente ist Teil eines neuen Batteriegehäuses für E-Autos, das Fraunhofer-Wissenschaftler mit Praxispartnern im Projekt CoolBat entwickeln. Abbildung: Fraunhofer IWU
08.10.2024 | Redaktion Autoland

Das Prinzip ist einfach: Je leichter die Gehäuse, umso mehr steigt die Reichweite der Elektroautos, da der Stromverbrauch sinkt. „Die Energiedichte heutiger Batteriesysteme, auf die Batteriegehäuse wesentlich einzahlen, lässt sich noch deutlich steigern. Durch die Integration von neuen Leichtbauweisen und mehr Funktionen auf kleinerem Bauraum bei weniger Schnittstellen lässt sich Gewicht verringern und zugleich eine CO2-Einsparung von 15 Prozent erreichen“, sagt Rico Schmerler, Projektleiter am Fraunhofer IWU. „Über die Massereduktion erhöhen wir bei gleicher Batteriezellzahl die Energiedichte und somit die Reichweite. Durch die Ausführung des Gehäusedeckels in Faserverbundbauweise konnten wir die Masse um mehr als 60 Prozent reduzieren im Vergleich zur Referenz aus Stahl.“

Kühlung und Tragfähigkeit in einer Komponente integriert

Eine weitere Möglichkeit zur Gewichtsreduktion sehen die Forscher in der Kombination von Einzelsystemen im Gehäuse. Beispielsweise sind Temperierkanäle direkt in Tragstrukturen wie in Querträgern integriert – gießtechnisch hergestellt am Fraunhofer IFAM. Zusätzlich ist die Funktion der Kühleinheit mit der des Unterfahrschutzes in einer Komponente, der Bodenplatte, verbunden. Für die Energieabsorption bei Steinschlag und Unfällen sorgt ein in die Bodenplatte eingebrachter Aluminiumschaum. Er nimmt einen großen Teil der Energie auf, die beim Aufprall entsteht. Im Verbund mit einem Phasenwechselmaterial (PCM), einer Art Wachs, welches viel Wärme- und Kälteenergie speichern und wieder abgeben kann, senkt der Aluminiumschaum zusätzlich den Energieaufwand zur Kühlung der Elektrobatterie.

Die Bodenplatte haben Experten des Fraunhofer IWU und der Zwickauer Fahrzeugentwickler FES/AES entwickelt. Die Fertigung inklusive Schaum erfolgt am Fraunhofer IWU. Die Batteriezellen erhalten auf diese Weise Schutz vor mechanischen Lasten und zugleich vor Überhitzung. Dabei durchströmt ein Fluid die Kanäle und temperiert die Zellen nicht nur von unten, sondern auch seitlich. Dadurch verringert sich der elektrische Verbrauch für die Kühlung der Zellen. Man kann an anderer Stelle im Auto auf Kühlelemente verzichten. „Wir setzen auf funktionsintegrierte Strukturen. Aufgaben, für die bisher verschiedene Module innerhalb der Batterie zuständig waren, integrieren wir in einem Bauteil – in diesem Fall in der Bodengruppe – und sparen so Bauraum und Schnittstellen“, erklärt Schmerler. „Die Bodenplatten schützen künftig vor Überhitzung und wenden bei Unfällen Beschädigungen des Batteriekerns ab.“ Als Referenz und Technologieträger dient die Mercedes-EQS-Batterie. 

Neue Wärmeleitmatten ersetzen Pasten

Die Qualität der Wärmeabfuhr von Batterien in Richtung Außengehäuse wirkt sich stark auf die Leistungsfähigkeit und die Lebensdauer eines Elektrofahrzeugs aus. Üblicherweise ist das Batteriemodul über leitfähige Pasten thermisch angebunden. Im Projekt sollen die schweren, nicht nachhaltigen Pasten durch umweltfreundliche Wärmeleitstoffe ersetzt werden. Hierfür metallisiert das Fraunhofer IST per Plasmaverfahren offenporige, wiederverwendbare Schäume. Diese werden in Form von Matten in die Räume zwischen Batterie und Gehäuse eingelegt. 

Verbesserter Brandschutz durch biobasierte Flammschutzbeschichtungen 

Für mehr Sicherheit sorgt eine neue Brandschutzbeschichtung, eine Entwicklungsleistung des Fraunhofer-Instituts für Holzforschung, Wilhelm-Klauditz-Institut, WKI. An der Unterseite des Gehäusedeckels aufgetragen, verhindert sie die Ausbreitung von Feuer, das von darunter liegenden Batteriezellen ausgehen kann. Ein Bestandteil der Beschichtung ist das biobasierte Material Lignin, das erdölbasierte Werkstoffe substituiert und nicht brennt. 

Konstruiert für eine Wiederverwendung

Der bisherige Gehäusedeckel aus Stahl ist durch eine neue Faserverbund-Deckelstruktur aus Kohlenstoff und Harz – sogenannte Towpregs – ersetzt. Das führt nicht nur zu einer deutlichen Massereduktion, sondern auch zur erneuten Verwendbarkeit des Deckels. Das System aus Deckel, Rahmen und Bodenplatten wurde so konstruiert, dass es sich bis auf Komponentenebene zerstörungsfrei trennen und demontieren lässt. „Wir verfolgen hier den Gedanken der Kreislaufwirtschaft und Materialreduktion durch Leichtbau und wiederverwendbare Werkstoffe, was wiederum einen geringeren CO2-Footprint und geringere Kosten im Reparaturfall zur Folge hat“, sagt der Ingenieur. 

Branchentransfer im Blick

Die vielfältigen Projektergebnisse sollen später auch auf andere Anwendungen und Branchen übertragen werden, in denen große Batterien zum Einsatz kommen. Das können etwa Züge, Flugzeuge und Boote sein. Die Kühlsysteme lassen sich auf Lebensmittel- und Medizintransporte transferieren, die Brandschutzlösungen auf Gebäude. Partner im Projekt CoolBat sind FES/AES, Invent, Compositence, iPoint-systems, Tigres, LXP Group, Basdorf, Lampe & Pertner, MID Solutions, Synthopol Chemie Dr. rer. pol. Koch, Trimet Aluminium, Mercedes-Benz sowie die Fraunhofer-Institute IFAM, IST und WKI. 

Das Fraunhofer IWU in Chemnitz koordiniert das vom Bundeswirtschaftsministerium geförderte Vorhaben.

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